Mittwoch, September 12, 2007

Knusper, knusper, knerk...

...was knuspert in meinem Regelwerk?

Ich möchte mich heute mal dem Crunch widmen. Einige Leute bezeichnen mit Crunch, was bei mir unter Mechanismen läuft (alle Regeln mit Würfeln und Variablen), aber das ist nicht, was ich hier meine.

Crunch sind für mich Charakterklassen, kewl Powerz, verregelte Gegenstände und ähnliche Dinge, die man in schönen Listen zusammenstellen kann. Ich versuche eine abstrakte Definition:

Crunch bezeichnet alle fertigen, nicht für eine einmalige Anwendung geschaffenen, mechanischen Pakete, aus denen Spieler langfristig auswählen. Ein solches mechanisches Paket verbindet dabei Sätze von Variablen und/oder spezifische eigene Mechanismen zu einem Modell für ein bestimmtes Element der Fiktion.

Damit ist es natürlich nicht getan, denn Georgios fragte, als ich über die Segnungen des Powergamings schrieb, ganz richtig, wie man das interessant für die Fiktion gestalten kann. Damit stellt sich hier also die Frage: Wie macht man guten Crunch?


Guter Crunch ist bedeutsam.
Bedeutung kann dabei auf folgende Weisen entstehen:

- durch festgesetztes Auftreten im Hintergrund. Das kann man bei 7te See oder Reign schön sehen. Da erwartet man von einer verschleierten Dame aus Vodacce eine Schicksalshexe zu sein bzw. von einer imperialen Armee ein paar Rauchformer dabeizuhaben.

- durch seltenes / legendäres Vorkommen im Hintergrund. Ein schwarzes Auge gefällig? Oder möchten Sie heute einen Salubri spielen? Zugegeben schwarze Augen sind kein Crunch und Vampire hat das Verfahren übertrieben, aber wir wissen ja, was gemeint ist.

- durch Darstellung eines Genre-Elements. Basis-Charakterklassen bei D&D. Kennt jeder bevor er noch D&D gespielt hat. Gute Anwendungen dieses Verfahrens zeichnen sich immer dadurch aus, dass das Crunch-Ding einen einfachen Namen kriegt, mit dem jeder sofort was anfangen kann. (Die allermeisten Prestigeklassen bei D&D sind daher verdammt schlechter Crunch.)

- durch Darstellung eines literarischen Themas. "Kraft aus wahrer Liebe" gibts bei Vampire als Vorzug und inzwischen natürlich auch bei Arcane Codex. Andere Themen fallen mir allerdings grade auch nicht ein.


Weiterhin muss guter Crunch natürlich auch auf der mechanischen Seite gewisse Anforderungen erfüllen:

Guter Crunch hat eine übersichtliche, innere Struktur.
Und zwar wenn das Crunch-Ding in mehreren Stufen daherkommt. Insbesondere gilt auch hier Magic Number 7. Fünf Disziplinsstufen für Vampire kann ich noch überblicken, aber bei zwanzig Stufen muss da schon etwas Regelmäßigkeit her.

Natürlich dürfen verschiedene Elemente von der gleichen Art (z.B. Charakterklassen) gewise strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen. Das ist eigentlich klar, aber ich erinnere mich noch, wie ich in meinen frühen Rollenspieltagen einen Homebrew im Netz fand, wo Charakterklassen verschieden viele Stufen hatten. Schien mir merkwürdig.

Gerade bei Massen-Crunch, wie sie vielfach etwa Zaubersprüche darstellen, bietet es sich sogar an, möglichst vieles zu vereinheitlichen, um dadurch für jede Auswahl, ihre individuellen Merkmale herausstellen zu können. Zaubersprüche bei Shadowrun sind daher besser als bei D&D, da z.B. Reichweite und Dauer einheitlich sind.



Guter Crunch ist mechanisch unvervwechselbar.
Eine Waffe, die etwas veränderte Werte hat, ist nicht halb so spannend, wie eine, die ein völlig neues Manöver erlaubt. Guter Crunch ist daher Abweichung vom mechanischen Standard.

Dabei ist natürlich insbesondere darauf zu achten, trotzdem eine gewisse Konsistenz in den Regeln zu bewahren und die Abweichungen nicht ausarten zu lassen. Wenn ein einzelner Eintrag dreimal so lang ist wie beim betrachteten Spiel gewohnt, sollte das stutzig machen.

Eine gute Vorarbeit für mechanisch vielfältigen Crunch ist auch entsprechend Andockstellen in den Standardmechanismen bereitzustellen. Einige Autoren bauen dazu nachträglich neue Sub-Systeme ein. Das ist dann normalerweise schlechte Idee.

Um D&D heute auch noch mal zu loben, gefällt mir da der Ansatz bei einigen Charakterklassen, diesen eine private Ressource zu geben, deren Anwendungsmöglichkeiten wachsen bzw. auf die auch von außen (z.B. mit Feats) zugegriffen werden kann. Ich denke da Bardic Musig beim Barden, Smite beim Paladin oder Dark Knowledge beim Archivisten.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich komme etwas durcheinander. Erst beschreibst du guten Crunch wo gut = "fiktionsfreundlich/-erschaffend", und dann beschreibst du generell guten Crunch ohne genauere Definition was das "gut" ist das verfolgt wird, auch wenn aus dem Text klar ersichtlich ist dass es nicht um Fiktion gehen kann.


Ansonsten volle Zustimmung.
Besonders der Balkanceakt zwischen intuitiver Erfassbarkeit und regelbrechender Awesomeness ist wichtig. Einerseits muss schnell erfassbar sein wie ein Krümel (Singular von Cruznch?) funktioniert, andererseits muss ein Krümel um Interesse zu wecken grundlegende Beschränkungen über den Haufen werfen.

Ich werfe mal mein eigenes Hausgebräu Mazeprowl ins Rennen wo bisher die Meisterschaft[Fertigkeit/Attribut]-Kniffe nur Bonuswürfel verschafft haben - was lahm ist da man den gleichen Effekt auch mit einfacher Erhöhung des Wertes haben könnte (abgesehen von der Möglichkeit Höchstwerte zu sprengen, was aber nur für einen kleinen Teil von Charakteren relevant ist).
Die flachen Boni auf jeden Würfelwurf durch die neue Fassung von Meisterschaft hingegen machen etwas was kein anderer Weg hinbekommen kann - und da wird dieser Krümel wieder spannend.

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Krümel ist gut. Ich hatte echt Probleme den Beitrag zu schreiben, weil ich nie wusste, wie ich eins davon nennen sollte.


Ansonsten hast du recht, da fehlt ne Überleitung in der Mitte. Hol ich nach.