Tach auch.
Ich hab mir jetzt ein paar Gedanken gemacht, wie ich mit dem Blog weiter machen will. Ich werd jetzt gezielt ein paar Themen aufarbeiten, die mir relevant erscheinen. Los gehts mit der eigentlichen Funktionsweise von Rollenspiel. Ich nehme an, viele werden das kennen, aber ich will noch mal gleiche Bedingungen schaffen.
Vorstellungsräume
Frage zum Einstieg: Wo spielt Rollenspiel? Es ist ja eigentlich kein Brettspiel, auch wenn man eins benutzen kann.
Verbindendes Element von Rollenspiel ist, dass sich die Teilnehmer eine Umgebung vorstellen und diese während des Spiels verändern. Dabei unterscheidet sich das, was die Teilnehmer sich vorstellen. Vielleicht stelle ich mir vor, dass ein Charakter ein grünes Kleid trägt und mein Mitspieler hat Blue Jeans im Sinn. Häufig kommt es auch zu größeren Abweichungen. Man spricht auch davon, dass jeder Teilnehmer einen persönlichen Vorstellungsraum hat.
Wie funktioniert jetzt Rollenspiel? Beim Rollenspiel werden bestimmte Dinge vereinbart, die sich alle Teilnehmer vorstellen wollen. Man einigt sich auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner; es entsteht quasi eine Schnittmenge der persönlichen Vorstellungsräume: Der gemeinsame Vorstellungsraum (Shared Imaginary Space, SIS).
Rollenspiel ist per se kooperativ. (Ich gehe mal nicht davon aus, dass jemand zum Spiel gezwungen wird.) Insofern sind folglich auch alle Veränderungen des SIS vom Konsens getragen. Diese Erkenntnis ist nach Vincent „lumpley“ Baker auch als lumpley-Prinzip bekannt.
Vincent spricht von Glaubwürdigkeit (credibility), die ein Vorschlag zur Änderung des SIS erlangen muss, um angenommen zu werden. Es gebe demnach bestimmte Methoden um Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Einige Beispiele:
- realweltliche Anschauung - Wenn ich den Ball loslasse, fällt er runter. Die Beschreibung, dass ein losgelassener Ball fällt, ist also glaubwürdig.
- Einigung auf einen bestimmten Hintergrund - Es ist glaubwürdig, im Orkland auf Orks zu treffen.
- bestimmte Mechanismen - Es ist glaubwürdig einen Feuerball zu werfen, wenn man entsprechenden Wurf geschafft hat.
Mit dem lumpley-Prinzip als Basis kann man also jede Form von Rollenspiel betrachten, angefangen bei P&P über LARP bis hin zu pädagogischem Rollenspiel. Den gemeinsamen Vorstellungsraum kann man dabei quasi als Spielplatz des Rollenspiels betrachten.
Wer Vincent noch mal persönlich lesen, will kann das auf http://lumpley.com tun. (Die Seite ist nicht in der Seitenleiste, weil ich sie sehr unübersichtlich finde.)
Eine typische Erweiterung bzw. Klarstellung ist, dass der Konsens nicht in jedem Fall bestätigt werden muss. Häufig einigt man sich vor dem Spiel auf bestimmte Elemente und Regeln und geht davon aus, dass diese eingehalten werden. Dabei ist zu beachten, dass natürlich im Grunde jeder Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt all diese Vorvereinbarungen ungültig machen kann, in dem er seinen Unwillen äußert.
Interessant ist jetzt für uns Spieldesigner, wie man die Modifikation des SIS beeinflussen kann. Es lassen sich nämlich Techniken betrachten, die ich ja im letzten Beitrag versucht habe einzuteilen. Im Endeffekt haben all diese Technikarten direkt oder indirekt das Potential, Einfluss auf die Änderung des SIS zu nehmen.
Die W-Ebene
Das lumpley-Prinzip ist natürlich sehr allgemein und beim P&P kommt, wie man zugeben muss, zu diesem erzäherischen Spielplatz unter Umständen noch ein weiterer hinzu: Die Menge der Spielwerte, die ich im weiteren als W-Ebene abkürze.
Dass es sich bei der W-Ebene nicht immer nur um ein Mittel zum Zweck handelt, erkennt man daran, dass viele Spieler sich ausgesprochen freuen, wenn sie die nötigen EP für einen Stufenanstieg zu tun haben.
Wie sieht die W-Ebene aus? Das ist recht einfach. Sie besteht gewisser Maßen aus einer Reihe von Variablen, die boolschen, numerischen oder beliebigen anderen Inhalt haben können. Diese Variablen können dann nach bestimmten festgelegten Regeln interagieren und Einfluss auf die Änderungen des SIS nehmen. (Indem sie z.B. als Argumente in Resolutionstechniken benutzt werden.)
Wichtig ist: Grundsätzlich gibt es erstmal keine Verbindung zwischen der W-Ebene und dem SIS. Man kann allerdings Entitäten des SIS auf der W-Ebene modellieren und das ist eine sehr gute Idee, wenn man das Augenmerk auf die Interaktionen dieser Entität legen möchte. (Das Process Modell spricht in Englisch über "Exploration of an Entity of the SIS".)
Nächstes Mal gibts dann einen Überblick über typische Arten von Variablen auf der W-Ebene.
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