Einen Wunderschönen!
Jüngst gab ich schon einen Erklärungsansatz, um was es sich bei Klassen in Wahrheit handele (nämlich nicht um das, was viele glauben, sondern um etwas, was in Wirklichkeit schon alle wissen).
Nun hat sich auch Dom einmal zum Thema Klassen (und Stufen) ausgelassen, und einmal wieder durfte ich lesen, dass Klassen ein Mittel zum "Nischenschutz" seien. Nischenschutz ist dabei nach allgemeiner Auffassung, dass jeder Charakter einen klaren Aufgabenbereich hat, in dem er besonders fähig ist und außerhalb eben nicht. So soll gewährleistet sein, dass jeder Spieler regelmäßig seinen großen Moment hat, wenn nur alle Aufgabenbereiche regelmäßig angesprochen werden.
Wir müssen dazu notieren, dass das erstrebenswerte Gut eine gerechte Verteilung an großen Momenten (gerne als Spotlight Balancing bezichnet) ist, und jener Nischenschutz ein Mittel hierzu.
Dom greift nun auf diese Definition von Klasse zurück:
Klasse: Eine Klasse definiert eine Menge an Fähigkeiten und zugehörigen Regeln; jeder Spieler muss sich in einem Klassensystem zu bestimmten Zeitpunkten für eine Klasse entscheiden. Dann wird die Charakterverbesserung nach den Regeln dieser Klasse vorgenommen, nicht nach anderen.
Wie aber ergibt sich daraus Nischenschutz, wenn überhaupt? Nehmen wir mal an, dass es ein Spiel mit den Klassen Krieger, Magier und Dieb gibt. Nehmen wir auch an, dass alle Klassen total unterschiedliche Fähigkeiten haben, die man, sofern man eine andere Klasse gewählt hat, niemals bekommen wird...
...UND JETZT SPIELEN ALLE MAGIER!
Der eigentliche Nischenschutz bestünde also nicht in der Klasse, sondern darin, dass jede Klasse nur einmal da sein darf (oder zumindest besetzt sein soll). Nischenschutz ist der Hinweis: "Du Peter, wir haben schon einen Charakter, der X kann, lern doch vielleicht lieber Y."
Man könnte das theoretisch auch für jeden speziellen Spielwert einzeln ausdisktutieren. (Seh ich gelegentlich bei B&B, wenn Gruppen einmal die Spezialanwendungen durchgehen.)
Selbstverständlich könnte man eine solche Regelung zum Nischenschutz auch hart ins Regelwerk einbauen, aber das tut kein mir näher bekanntes Spiel. (Ich glaube, Amber hat da was.) Daher muss man feststellen, dass die allermeisten Spiele überhaupt keine Regelung zum Nischenschutz haben, dass ein gleichmäßiges Abdecken der gefragten Spielwerte sich höchstens als strategisch sinnvoll empfiehlt.
Hätten sie aber eine solche Regelung, hätte die, wie wir leicht einsehen, nichts mit den Klassen zu tun, wie sie im obigen Zitat definiert sind. Es ginge nur um die nicht mehrmalige Abdeckung gewisser Spielwerte, nicht um deren letztendliche Ausgestaltung.
Und jetzt möchte ich noch einmal den Bogen zum Anfang schlagen und meine Erklärung zum Thema "Klassen" empfehlen. Ich habe nämlich Klassen als die Abkürzung der Frage definiert, was ein Spieler für einen Charakter spielt.
Und nun sehen, wir auch, wie das mit Nischenschutz zusammenhängt, denn es geht sehr viel schneller zu klären, wer Kämpfer, wer Magier und wer Dieb spielt, als einmal die relevanten Spezialanwendungen von B&B durchzugehen.
Nischenschutz ist also keine Folge von clever designten Klassen, sondern Klassen können durch ihre diskurslenkende Wirkung helfen den Nischenschutz zu organisieren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Bei Fragen fthagn.
Montag, November 10, 2008
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7 Kommentare:
Mir kommt das schon einw enig wie Haarspalterei vor. Klar sind Klassen an und für sich nicht für den Nischenschutz da, sondern sie Sorgen für mehr Transparenz und ermöglichen somit einfacher den Nischenschutz.
Und darum wrüde ich dabei bleiben, dass Klassen durchaus eine Repräsentation des Nischenschutzes sind, denn ohne eine gewisse Transparenz ist der Nischenschutz zwar möglich, aber relativ schwer.
Auch wenn ein System keinen Zwang besitzt Klassenüberschneidungen zu vermeiden, so gibt es es doch oft Empfehlungen oder man sieht es im Abenteuerdesign, dass bestimmte Nischen einfach besetzt sein müssen (oder sollten), um (wenn man Herausforderungsorientiert spielt) die Probleme, die sich bieten, lösen zu können.
Dazu braucht es gar keinen Zwang. Clever designte Klassen, Systeme und Abenteuer (und eben genau dieses Zusammenspiel) präferieren einfach eine Aufteilung der Charaktere auf verschiedene Klassen. Da sind wir dann wieder bei den Nischen. Ob das jetz Mittelbar oder Unmittelbar geschieht kommt wir wirklich nicht besonders wichtig vor.
1of3, du hast in dem Sinne Recht, dass Klassen Nischenschutz nicht erzwingen. Sie vereinfachen diesen aber.
Im übrigen ist das von mir zitierte Engel ein Spiel, bei dem die Klassenverteilung durch die Schar-Zusammensetzung mehr oder weniger direkt vorgeschrieben wird.
Klasse == Nischenschutz ist definitiv nicht wahr. Aber in der Tat - da stimme ich meinen Vorrednern voll und ganz zu - sind sie ihm dienlich. Ich wage sogar zu behaupten, sie wuerden die Spieler dazu anregen, moeglichst verschiedene Charaktere zu spielen, die auf unterschiedlichen Gebieten trumpfen (ergo grosse Momente abstauben) koennen.
Wie ich bei Dom schon erwaehnte, bin ich der Ansicht, dass ohnehin jedes System mit Charakterwerten mehr oder weniger stark definierte Klassen verwendet.
Ob ich sage "Ich habe mein Motiv Leibgarde des Ahon auf 3" oder "Ich bin ein Kaempfer" oder "Ich bin Level 3 Barbar" - immer ordnet dies mehr oder weniger in Klassen ein. Und die anderen Spieler werden (je nach Staerke des Klassendaseins) wissen: "Aha, der kann schon mal dasunddas gut, also nehme ich - wenn ich nicht mit ihm konkurrieren will - etwas mit anderem Fokus."
Natuerlich ist Nischenschutz dann immer noch eine Frage der Gruppe und des Willens einzelner Spieler, aber Klassen (besonders starke) foerdern dieses Konzept deutlich, da sie eben transparent und suggestiv sind. Gerade bei Systemen mit sehr vielen Charakterwerten kann das fuer die Spieler sehr praktisch sein.
"1of3, du hast in dem Sinne Recht, dass Klassen Nischenschutz nicht erzwingen. Sie vereinfachen diesen aber."
Exakt das - und wie sie es tun - habe ich ja auch geschrieben.
Bei Engel gibt es allerdings auch keinen Nischenschutz - außer vielleicht, wenn man es mit D&D-Regeln spielt. ;o)
Wieso meinst du jetzt, dass es bei Engel keinen Nischenschutz gibt? Weil die "Regeln" quasi nicht vorhanden sind?
Das sehe ich anders. Im Buch wird ziemlich klar gesagt, dass die Spieler eine Schar spielen sollen. Und es wird definiert, dass eine Schar aus jeweils einem Engel der fünf kämpfenden Orden angehört. Viel deutlicher kann man es doch nicht machen.
Insofern hat jedes System "Nischenschutz", welches die Kompetenzen klar voneinander abhebt.
Bei Feng Shui bspw. werden die Charaktere relativ frei erschaffen, aber trotzdem gibt es die "Nischen" Martial Arts, Guns, Magic, Creature Powers, Arcanowave...
Ich bin ja von dem Tippfehler in der Überschrift sowas von begeistert... Echt prima.
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