Dienstag, Juni 12, 2007

Meins bitte schön durch...

Salvete.

Ich denke, es ist mal wieder an der Zeit für etwas Hardcore-Theorie. Und zwar möchte ich mich damit beschäftigen, was eigentlich Stakes sind.

Ich hab das ja schonmal bei der Resolution angeschnitten und da findet sich auch gleich ein interessanter Punkt. Tatsächlich habe ich mir die "Stake Resolution" nicht selbst ausgedacht. Wers statt dessen war, wusste ich schon da nicht mehr, aber die Beschreibung folgte klar als Reaktion auf den unpraktischen Begriff der Conflict Resolution.

Eine Spielart der Conflict Resolution wurde dabei quasi auf ihre mechanischen Elemente eingedampft. Wir wissen aber noch nicht genau, was ein Stake ist. Der Begriff wird häufig etwas gehaltvoller gebraucht, als ich ihn da benutzt habe. "at stake" heißt ja auf dem Spiel und Stakes sind normalerweise Dinge, die ein Charakter zu erreichen sucht. Das liegt dann näher an der naiven Conflict Resolution.

Jetzt könnte man sich fragen, ob man auf ähnliche Weise etwas aus der Task Resolution raus-destillieren kann. Das müsste also entsprechend das sein, womit sich die Mechanismen beschäftigen und das sind eigentlich irgendwelche mit Zuständen besetzten Objekte. Ich nenn die mal Items.

So ein Item kann ich jetzt per Task Resolution in vorhersehbarer Weise manipulieren. In der Tat brauchts dafür keine Mechanismen; real-weltliche Anschauung wäre ein weiteres Muster: Wenn ich die Vase fallen lasse, geht sie kaputt.

Wenn jetzt Items also Dinge sind, die ich in klarer Weise manipulieren kann, was sind dann Stakes? Wenn sie entgegengesetzt sein sollen, bleibt nur eins: Dinge, die ich nicht unabhängig von einer konkreten Spielsituation manipulieren kann.

Ein Beispiel: Bei D&D (oder DSA oder Shadowrun oder...) ist das Leben von Charakteren ein Item. Hau ich den Feuerball drauf, ist der Charakter tot. Die Herrschaft über eine Stadt ist kein Item. Ich kann sie nicht in vorhersehbarer Weise übernehmen oder behalten.


Was wäre aus dieser Sicht also Stake Resolution? Das sind dann einfach Resolutionsprozesse, die nicht unabhängig von konkreten Spielsituationen wirken. Man muss immer erstmal klären, was der Prozess an der vorliegenden Stelle leisten soll.


OK, wie wirken jetzt Items und Stakes zusammen? Und was passiert, wenn ich keine Möglichkeit habe Stakes in Form von Stake Resolution direkt abzuhandeln? Das ist unterschiedlich. Ein paar Möglichkeiten:

Nahe liegende Items: Das kenn ich z.B. von den Versuchen Leute umzubringen. Die Stakes wären also, die Person mit einem Streich zu erledigen. Da kommt es teilweise vor, dass man die normalen Kampfregeln aktiviert und die Stakes erreicht werden, wenn die Lebenspunkte mit einem Schlag weg sind.

Spontane Item-ifizierung: Hier werden spontan Regeln zur Manipulation gewisser Items auf die neue Situation übertragen, z.B. indem man einer Fertigkeit eine neue Anwendung zukommen lässt. Dieses Umstands sollte man sich insofern bewusst sein, um klären, ob die neue Anwendung von nun an immer zum Tragen kommen soll oder nur. Das kann Probleme ersparen.

Missionsziele: So erobert man Städte bei DSA. "Lasst uns über die Mauer klettern und das Tor aufmachen. Dann können die Truppen in die Stadt." - Es wird für die Situation eine Abfolge von Item-Manipulationen bestimmt, die dann zum Ergebnis führen.



Wenn man sich diese Überlegungen so ansieht, erkennt man noch einen interessanten Sachverhalt. Ich wiederhole nochmal: Stakes sind "Dinge, die ich nicht unabhängig von einer konkreten Spielsituation manipulieren kann".

Nun arbeiten einige Spiele direkt anders herum. Ich kann alles manipulieren, es sei denn jemand macht sie zum Stake. Capes arbeitet so und DitV mit seinem "Say, yes, or roll dice!" in gewisser Weise auch. Man müsste Spielen dieser Bauart also nicht zu Gute halten, dass sie Stakes erfunden hätten, sondern die klassische Variante umgedreht zu haben.

Interessanter Weise behandeln beide Spiele gesetzte "Anti-Stakes" mit komplexen Kampfsystemen.



Soweit erstmal. Wer sich austoben will, kann ja mal versuchen das Konzept von Stake und Item auf Victor Gijsbert's Shades oder Ben Lehman's Polaris zu übertragen.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wo hilft mir diese Formulierung jetzt konkret?

Welche neuen Eigenarten von Stakes und Items, Conflict und Task Resolution, lassen sich durch diese Formulierung gewinnen oder erkennen?

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Ich wollte eigentlich nochmal herausstellen, dass Stakes eigentlich nichts ungewöhnliches sind und wie sie mit diesen anderen Dingern interagieren.

Was CR und TR angeht, wurden die so schwammig definiert und in der Diskussion verwässert, dass man damit im Endeffekt nicht arbeiten kann.

Anonym hat gesagt…

Okay, verstehe.

@ TR/CR:
Oh Gott, bitte erinnere mich nicht an diese Diskussionen *args*

oliof hat gesagt…

Dass die Diskussionen über TR/CR und Stakes total übel werden können, wissen wir alle. Etwas, das mir an anderer Stelle über den Weg gelaufen ist, ist diese andere Unterteilung von Konflikten, die mir sehr gefällt, auch wenn sie – wie vom Autor selbst gesagt – weder perfekt noch allumfassend ist.

Anonym hat gesagt…

Damals -lang, lang ist's her- haben Dom und ich eine sehr ähnliche Definition für Stake Resolution entwickelt.
Demnach ist ein Stake die explizite Definition einer Situation. In den meisten Fällen wird sich so ein Stake auch immer auf eine Situation beziehen aus der dieser hervorgeht, ich denke aber das ist nicht zwingend notwendig. Entscheidend finde ich eher, dass man etwas explizit festlegt.

Gemeinsam haben unsere und deine Definition aber, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, der Stake also nur für eine ganz bestimmte Situation Sinn hat.

Wenn ich das richtig verstehe, dann soll ein Item nun etwas sein, für das man nicht im Einzelfall entscheiden muss, sondern für das man generellere Regeln vorgeben kann.
Ist das nicht die selbe Unterscheidung wie bei den Generalized vs. Negotiated Conflicts aus den Design Patterns?

Stefan / 1of3 hat gesagt…

"Ist das nicht die selbe Unterscheidung wie bei den Generalized vs. Negotiated Conflicts aus den Design Patterns?"

Schießt schon in die gleiche Richtung.

Außer, dass ich das hier als Objekt, denn als Prozess aufgefasst habe. Ob dieser Perspektivwechsel jetzt noch jemand anderem nutzt, wage ich nicht zu sagen.

Anonym hat gesagt…

Das einzige wirklich interessante was ich sehe ist die explizite Aufführung von Missionszielen, um mittels Task Resolution gesichert etwas zu erreichen was die Mechaniken alleine nicht hergeben.

"Klar, die Regeln geben nichts dazu her wie man den Landstrich befriedigen kann, aber wenn ihr den Lichkönig nach Kampfregeln tötet erreicht ihr das Ziel." - "Klar, die Regeln geben nichts dazu her wie ihr dem Ventrueahnen den Rüstungskonzern abknöpfen könnt, aber wenn ihr den CEO durch Diszis oder Blutbande unter eure Knute bringt schafft ihr das." etc.

Es wäre interessant mal ein System zu sehen dass explizit Missionsziele nutzt um Dinge zu erreichen die die TR nicht abdeckt und gleichzeitig auch wieder handfeste Missionen ausspuckt die die Spieler verfolgen können um zu erreichen was sie wollen.


(Was ist spontane Itemifizierung? Etwa Anwendung von Kampfregeln um eine Kette zu durchtrennen falls es keine expliziten Regeln für Objektschaden gibt?)

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Ja, so dachte ich mir das. Man dreht leicht an am bekannten Mechanismus.