Wo ich hier schon mal einen Blog zu meinem Account dazubekommen hab, kann ich damit ja mal, was vernünftiges tun. Etwa die Kernpunkte meines Workshops zum Thema Rollenspieldesign zusammenfassen. Dieser fand am Sonntag um 15:00 statt und ich freue mich, dass sich doch noch einige Leute das etwas trockene Thema antun wollten.
Teile eines Rollenspiels
Angefangen habe ich mit einer Einteilung eines Rollenspiels in verschiedene Teile. Hier noch einmal die Hintergründe meines Tuns:
Die meisten Teilen Rollenspiel einfach in "Setting" und "System" ein. Diese Teilung ist allerdings häufig verwirrend, da die Begriffe Setting und System mehrdeutig sind. So bezeichnet "System" gelegentlich:
- Ganze Rollenspiele ("Ich habe 10 Systeme im Schrank.")
- Die Regeln eines Spiels
- Nur die Spielmechanik
- Nur Teile von Regeln oder Spielmechanik ("Ich mag das Kampfsystem.")
System (including but not limited to 'the rules') is defined as the means by which the group agrees to imagined events during play.
Diese Definition ist etwas schwammig, sie kann entweder die Menge aller Techniken oder die Menge aller Resolutionstechniken bezeichnen (s.u.).
Setting ist dagegen etwas klarer, aber nicht viel. Setting kann bedeuten:
Häufig hört man auch die Aussage, dass Setting viel wichtiger als System sei. Dies allerdings ist nun Ergebnis der Vermischung vollständig verschiedener Ebenen. Daher nochmal einen Schritt zurück und genau hingeschaut.
Meines Erachtens muss man im Rollenspiel drei Dinge gleichberechtigt betrachten, die alle einen gewissen Eigenwert haben. Die also alle für sich zum Genuss des Rollenspiels beitragen können und tatsächlich Geschmackssache sind. Dabei handelt es sich, eben um Hintergrund, Core Story und den Spielstil.
Spielstil bezeichne dabei die Handlungen der Spieler, wie z.B. "taktische Entscheidungen treffen", "sich in seinen Charakter versenken". Eine gute Analyse dieser Handlungen haben Eetu Mäkelä u.a. in ihrem Process Modell of Role-playing geliefert.
Neben diesen drei Teilen enthalten Rollenspiele noch Regeln. Um zu erklären, was eine Regel ist, muss man sich zuerst vor Augen führen, was Techniken (oder nach Terminologie des Process Modells "Methods") sind. Als Techniken lassen sich alle wiederholbaren Handlungen auffassen, die einen bestimmten Zweck im Sinn haben.
Beispiele für Techniken sind also etwa:
Ich habe auf dem Workshop noch ein paar Beispiele für Kategorien von Techniken gegeben, das aber wegen Zeitmangels abgebrochen. Ich liefer das in ein paar Tagen nach.
Anwendung auf die Entwicklung von Rollenspielen
Bis hier hin war von Rollenspieldesign noch gar nicht die Rede, sondern die ganze Betrachtung bezieht sich allein auf Rollenspiel an sich. Ein Autor kann nun in seinem Werk jeden der drei eigenständigen Teile präsentieren. Dabei werden sie normalerweise verflochten, so dass eine Unterscheidung unter Umständen schwierig wird.
Wenn man sich für bestimmte Setzungen in diesen Bereichen entschieden hat, kann man nun daran gehen Regeln zu designen, die die gemachten Setzungen unterstützen. Natürlich kann ein Autor nicht darauf vertrauen, dass sein Rollenspiel so gespielt wird, wie er es gedacht hat. Insofern sind können alle gedruckten Regeln (wie auch die Inhalte bei den eigenständigen Teilen) nur Empfehlungen sein.
Die Frage ist natürlich, welche Regeln nun passend sind. Das lässt sich natürlich nur im Einzelfall entscheiden, allerdings lässt sich eine Faustregel erkennen, mit der Regeln von den drei eigenständigen Teilen abgeleitet werden können:
Bei diesem einfachen Gedankengang fallen aber bereits einige Dinge auf:
Es geht jedoch regelmäßig schief, wenn man zwar einen Hintergrund erarbeitet, aber keine Core Story liefert. Es gibt dann zwar häufig Leute, die ganz von alleine erkennen, was man auf diesem Hintergrund machen kann, aber viele Leuten werden vermutlich mit den Achseln zucken. (Vergleiche meinen Aufsatz über Backbücher.)
Natürlich ist der hier beschriebene Ablauf "Erst eigenständige Teile wählen, dann Regeln ableiten" stark vereinfacht. So benutzen etwa viele Rollenspiele den Hintergrund nicht eigenständig, sondern wie die Regeln zur Unterstützung der Core Story. Das muss aber nicht so sein.
Fiktion und Mechanik
Als nächstes bin ich ein wenig auf die Unterscheidung zwischen Fiktion und Spielwerten eingegangen. Beim Rollenspiel entsteht notwendiger Weise eine fiktive Umgebung, die sich während des Spiels verändert (Auch bekannt als gemeinsamer Vorstellungsraum, Shard Imaginary Space, SIS).
Daneben können bestimmte Spielwerte benutzt werden. - Dabei handelt es sich natürlich um Techniken. - Allerings haben diese beiden Ebenen, die Fiktion und die Mechanik, noch nichts miteinander zu tun.
So kann es z.B. in der Mechanik Werte geben, die sich in keiner Weise in der Fiktion niederschlagen, wie z.B. der namensgebende Pool bei "The Pool". Andersherum haben natürlich die meisten Dinge, die erzählt werden, keine Entsprechung in irgendwelchen Zahlenwerten.
Besteht eine Beziehung zwischen Fiktion und Mechanik, dient die Mechanik als eine Art Modell für die Fiktion, um bestimmte Dinge besser nachvollziehen zu können oder um ihnen besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Man kann sagen, dass ein Teil der Fiktion modelliert wird.
Wie auch bei allen anderen Techniken muss sich ein Designer natürlich genau überlegen, was er modellieren will. Die meisten Rollenspielen modellieren die Eigenschaften beliebiger Charaktere, sowie Waffen, Zaubersprüche usw.
WuShu, 7te See und viele andere modellieren nur die Eigenschaften wichtiger Charaktere und namenlose Schläger werden nur als "Gruppe von Schlägern" modelliert.
Capes schließlich modelliert ein Objekt entweder gar nicht oder wie einen Charakter. D.h. man kann die "Liebe zwischen Gambit und Rogue" genauso als Charakter bauen, wie Gambit und Rogue.
Eine schöne Möglichkeit die Beziehungen von Werten graphisch darzustellen, hat John Kirk in seinen Design Patterns in RPG erklärt. Ich kann die Lektüre des Werks auch ansonsten empfehlen.
Voraussetzungen und Vorgehen
Was muss ein Rollenspieldesigner also können und wie fängt man an?
Zuerst mal sollte man sich natürlich mit Rollenspielen beschäfigt haben. Ich bin häufig erstaunt, wie wenig Rollenspiele einige Leute kennen, die selbst welche schreiben wollen. Wichtig ist dabei nicht unbedingt viele Rollenspiele zu kennen, sondern solche, die sich möglichst stark unterscheiden. Nur dann kann man abstrahieren und letztendlich seinen eigenen Ansatz finden.
Wenn man jetzt loslegen will, macht man natürlich erstmal ein Konzept, überlegt sich Regeln, etc. Dann heißt es testen. Allein schon deshalb kann ich alleine gar keine allzu komplexen Regeln schreiben, weil ich sie selbst nicht alle testen könnte. Wer wirklich professionell arbeiten will, sollte auch fremde Leute gewinnen, die das Spiel ohne weitere mithilfe testen. Am besten setzt man sich dann still dazu oder nochbesser stellt eine Videokamera auf.
Eine große Hilfe ist es, sich mit kompetenten Leuten über die Ideen zu unterhalten. Häufig gibt es nämlich schon ähnliche Konzepte, wie man sie selber benutzen möchte. Es empfiehlt sich dann natürlich, sich entsprechende Spiele anzuschauen. Einschlägige Internetforen sind etwa Das Große Fantasy-Forum (eigentlich ein allgemeines Fantasy- & Rollenspielforum, aber mit großem Design- und Theoriebereich), das Forum engagierter Rollenspielautoren oder auf Englsich die Forge und Story Games.
Letztendlich muss man aber irgendwann fertig werden und den Kreis von Testen und Verbessern durchbrechen. Das ist vor allem wichtig, um auf seine Tätigkeit zurückblicken zu können. Denn wie bei allen Dingen fällt auch beim Spieldesign selten Meister vom Himmel. Es ist daher eine gute Idee zuerst mit kleinen Dingen anzufangen und nicht mit dem "Rollenspiel, das ich schon immer spielen wollte". Daher sind Projekte wie die Kurzzeit-Wettkämpfe, bei denen ein Rollenspiel z.B. in 24 Stunden geschrieben werden soll, ein sehr gutes Training. Möglichkeiten hierzu gibt es z.B. in verschiedene Projekte, die über 1000 Monkeys, 1000 Typewriters laufen, darunter der jährlichen Game Chef Contest, bei dem die Teilnehmer eine Woche Zeit haben. In den letzten Jahren hat auch das FERA einen 24h-Contest angesetzt, wobei hier mangels Vorgaben allerdings meines Erachtens kaum ein Trainingseffekt erzielt wird. Daneben hat vor kurzem das Grofafo einen 72h-Contest ausgerichtet.
Über konkretes Design hinaus kannn es keinesfalls schaden, sich auch theoretisch mit Rollenspielen zu beschäftigen. Wer Literaturtheorie kann, schreibt zwar noch nicht notwendigerweise bessere Bücher, im Großen und Ganzen lässt sich ein gewisser Nutzen wohl nicht verneinen. Auch dazu könnte ich jetzt eine ganze Reihe Links angeben, vielfach Blogs einzelner Leute, aber ich empfehle zum Einstieg das GroFaFo.
Wer schon weiter mit einem Spiel fortgeschritten ist, dem sei das Projekt Odyssee ans Herz gelegt, das Autoren auf Cons und Messen eine Plattform gibt.
Ungewöhnliche und interessante Spiele
So. Hier wie versprochen einige Links. Ich hab hier jetzt nur Spiele aufgenommen, die ich schon selber gespielt habe.
Diese Definition ist etwas schwammig, sie kann entweder die Menge aller Techniken oder die Menge aller Resolutionstechniken bezeichnen (s.u.).
Setting ist dagegen etwas klarer, aber nicht viel. Setting kann bedeuten:
- Den Hintergrund, vor dem das Rollenspiel spielt. Also z.B. Aventurien bei DSA, die 6. Welt bei Shadowrun oder die 1920er bei Chtulluh. Dieser Teil wird auch "Welt" oder "Szenerie" bezeichnet.
- Das, was die Charaktere tun. Also bei D&D Monster töten, ihr Zeug klauen und mächtige Helden werden, bei Shadowrun als Söldner für Konzerne (o.ä.) tätig sein, etc. Diese Bezeichnung scheint besonders im englischen Sprachraum gängig zu sein. Andere Bezeichnungen sind "Core Story" oder "Default Mission".
- Beides auf einmal in verschiedener Gewichtung.
Häufig hört man auch die Aussage, dass Setting viel wichtiger als System sei. Dies allerdings ist nun Ergebnis der Vermischung vollständig verschiedener Ebenen. Daher nochmal einen Schritt zurück und genau hingeschaut.
Meines Erachtens muss man im Rollenspiel drei Dinge gleichberechtigt betrachten, die alle einen gewissen Eigenwert haben. Die also alle für sich zum Genuss des Rollenspiels beitragen können und tatsächlich Geschmackssache sind. Dabei handelt es sich, eben um Hintergrund, Core Story und den Spielstil.
Spielstil bezeichne dabei die Handlungen der Spieler, wie z.B. "taktische Entscheidungen treffen", "sich in seinen Charakter versenken". Eine gute Analyse dieser Handlungen haben Eetu Mäkelä u.a. in ihrem Process Modell of Role-playing geliefert.
Neben diesen drei Teilen enthalten Rollenspiele noch Regeln. Um zu erklären, was eine Regel ist, muss man sich zuerst vor Augen führen, was Techniken (oder nach Terminologie des Process Modells "Methods") sind. Als Techniken lassen sich alle wiederholbaren Handlungen auffassen, die einen bestimmten Zweck im Sinn haben.
Beispiele für Techniken sind also etwa:
- In der 1. Person sprechen, um eine tiefere Identifizierung mit einem Charakter herzustellen.
- In der 3. Person sprechen, um das Augenmerk eher auf die Geschichte zu legen.
- Das Licht dimmen, um eine gruselige Atmosphäre zu erzeugen.
- Charaktere, Gegenstände, Teile der Szenerie mit Werten ausstatten, um Voraussagen über ihr Verhalten und ihre Fähgigkeiten machen zu können.
- Einen Spielleiter haben, um den Protagonisten Oppositon zu bieten.
- Einen Spielleiter haben, damit sich die anderen Teilnehmer voll auf ihre Charaktere konzentrieren können.
Ich habe auf dem Workshop noch ein paar Beispiele für Kategorien von Techniken gegeben, das aber wegen Zeitmangels abgebrochen. Ich liefer das in ein paar Tagen nach.
Anwendung auf die Entwicklung von Rollenspielen
Bis hier hin war von Rollenspieldesign noch gar nicht die Rede, sondern die ganze Betrachtung bezieht sich allein auf Rollenspiel an sich. Ein Autor kann nun in seinem Werk jeden der drei eigenständigen Teile präsentieren. Dabei werden sie normalerweise verflochten, so dass eine Unterscheidung unter Umständen schwierig wird.
Wenn man sich für bestimmte Setzungen in diesen Bereichen entschieden hat, kann man nun daran gehen Regeln zu designen, die die gemachten Setzungen unterstützen. Natürlich kann ein Autor nicht darauf vertrauen, dass sein Rollenspiel so gespielt wird, wie er es gedacht hat. Insofern sind können alle gedruckten Regeln (wie auch die Inhalte bei den eigenständigen Teilen) nur Empfehlungen sein.
Die Frage ist natürlich, welche Regeln nun passend sind. Das lässt sich natürlich nur im Einzelfall entscheiden, allerdings lässt sich eine Faustregel erkennen, mit der Regeln von den drei eigenständigen Teilen abgeleitet werden können:
- Regeln, die den Spielstil unterstützen, erleichtern bzw. erschweren oder belohnen bzw. bestrafen bestimmte Handlungen. So ist es z.B. in The Puddle ganz unmöglich taktisch mit Resourcen umzugehen (i.e. Powergaming zu betreiben), in D&D dagegen offenbar erwünscht.
- Regeln, die die Core Story, unterstützen, liefern Methoden, die benötigt werden, um das Spiel nach Gesichtspunkten der Core Story zu strukturieren und beleuchten die notwenigen Elemente. So liefert etwa Ars Magica viel ausgefeiltere Magieregeln als Shadowrun, da hier der Fokus auf dem Spielen von Magiern liegt.
- Regeln, die den Hintergrund unterstützen, werden gleichsam zum Medium für den Hintergrund. So vermittelt schon das Auswürfeln des Geburtstags bei früheren DSA-Editionen schon eine gewisse Kenntnis der 12 Götter und des aventurischen Jahres.
Bei diesem einfachen Gedankengang fallen aber bereits einige Dinge auf:
- Vielfach geben Autoren nicht an, wozu einen Regel dient oder scheinen es selbst nicht zu wissen. Das ist schlecht, da so nicht erkennbar ist, ob die Spielrunde für ihre Zwecke nicht eher eine Änderung vornehmen sollte.
- Vielfach übernehmen Autoren Regeln aus anderen Spielen, ohne zu prüfen, ob überhaupt die Ziele gegeben sind. Das könnte daran liegen, dass im kopierten Spiel eben nicht angegeben war, wozu denn die Regel gedient hat. Typisches Beispiel ist hier das Vorhandensein eines Spielleiters, der mit Sicherheit eine gute Technik sein kann, wenn man sich denn klar gemacht hat, was er leisten soll und das auch genau beschreibt.
- Meistens sind sich Autoren nicht darüber im Klaren, dass zwischen (Optional-)Regeln und sog. "Spieltipps" eigentlich kein struktureller Unterschied besteht.
- Viele Autoren vergessen einen der drei eigenständigen Teile.
Es geht jedoch regelmäßig schief, wenn man zwar einen Hintergrund erarbeitet, aber keine Core Story liefert. Es gibt dann zwar häufig Leute, die ganz von alleine erkennen, was man auf diesem Hintergrund machen kann, aber viele Leuten werden vermutlich mit den Achseln zucken. (Vergleiche meinen Aufsatz über Backbücher.)
Natürlich ist der hier beschriebene Ablauf "Erst eigenständige Teile wählen, dann Regeln ableiten" stark vereinfacht. So benutzen etwa viele Rollenspiele den Hintergrund nicht eigenständig, sondern wie die Regeln zur Unterstützung der Core Story. Das muss aber nicht so sein.
Fiktion und Mechanik
Als nächstes bin ich ein wenig auf die Unterscheidung zwischen Fiktion und Spielwerten eingegangen. Beim Rollenspiel entsteht notwendiger Weise eine fiktive Umgebung, die sich während des Spiels verändert (Auch bekannt als gemeinsamer Vorstellungsraum, Shard Imaginary Space, SIS).
Daneben können bestimmte Spielwerte benutzt werden. - Dabei handelt es sich natürlich um Techniken. - Allerings haben diese beiden Ebenen, die Fiktion und die Mechanik, noch nichts miteinander zu tun.
So kann es z.B. in der Mechanik Werte geben, die sich in keiner Weise in der Fiktion niederschlagen, wie z.B. der namensgebende Pool bei "The Pool". Andersherum haben natürlich die meisten Dinge, die erzählt werden, keine Entsprechung in irgendwelchen Zahlenwerten.
Besteht eine Beziehung zwischen Fiktion und Mechanik, dient die Mechanik als eine Art Modell für die Fiktion, um bestimmte Dinge besser nachvollziehen zu können oder um ihnen besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Man kann sagen, dass ein Teil der Fiktion modelliert wird.
Wie auch bei allen anderen Techniken muss sich ein Designer natürlich genau überlegen, was er modellieren will. Die meisten Rollenspielen modellieren die Eigenschaften beliebiger Charaktere, sowie Waffen, Zaubersprüche usw.
WuShu, 7te See und viele andere modellieren nur die Eigenschaften wichtiger Charaktere und namenlose Schläger werden nur als "Gruppe von Schlägern" modelliert.
Capes schließlich modelliert ein Objekt entweder gar nicht oder wie einen Charakter. D.h. man kann die "Liebe zwischen Gambit und Rogue" genauso als Charakter bauen, wie Gambit und Rogue.
Eine schöne Möglichkeit die Beziehungen von Werten graphisch darzustellen, hat John Kirk in seinen Design Patterns in RPG erklärt. Ich kann die Lektüre des Werks auch ansonsten empfehlen.
Voraussetzungen und Vorgehen
Was muss ein Rollenspieldesigner also können und wie fängt man an?
Zuerst mal sollte man sich natürlich mit Rollenspielen beschäfigt haben. Ich bin häufig erstaunt, wie wenig Rollenspiele einige Leute kennen, die selbst welche schreiben wollen. Wichtig ist dabei nicht unbedingt viele Rollenspiele zu kennen, sondern solche, die sich möglichst stark unterscheiden. Nur dann kann man abstrahieren und letztendlich seinen eigenen Ansatz finden.
Wenn man jetzt loslegen will, macht man natürlich erstmal ein Konzept, überlegt sich Regeln, etc. Dann heißt es testen. Allein schon deshalb kann ich alleine gar keine allzu komplexen Regeln schreiben, weil ich sie selbst nicht alle testen könnte. Wer wirklich professionell arbeiten will, sollte auch fremde Leute gewinnen, die das Spiel ohne weitere mithilfe testen. Am besten setzt man sich dann still dazu oder nochbesser stellt eine Videokamera auf.
Eine große Hilfe ist es, sich mit kompetenten Leuten über die Ideen zu unterhalten. Häufig gibt es nämlich schon ähnliche Konzepte, wie man sie selber benutzen möchte. Es empfiehlt sich dann natürlich, sich entsprechende Spiele anzuschauen. Einschlägige Internetforen sind etwa Das Große Fantasy-Forum (eigentlich ein allgemeines Fantasy- & Rollenspielforum, aber mit großem Design- und Theoriebereich), das Forum engagierter Rollenspielautoren oder auf Englsich die Forge und Story Games.
Letztendlich muss man aber irgendwann fertig werden und den Kreis von Testen und Verbessern durchbrechen. Das ist vor allem wichtig, um auf seine Tätigkeit zurückblicken zu können. Denn wie bei allen Dingen fällt auch beim Spieldesign selten Meister vom Himmel. Es ist daher eine gute Idee zuerst mit kleinen Dingen anzufangen und nicht mit dem "Rollenspiel, das ich schon immer spielen wollte". Daher sind Projekte wie die Kurzzeit-Wettkämpfe, bei denen ein Rollenspiel z.B. in 24 Stunden geschrieben werden soll, ein sehr gutes Training. Möglichkeiten hierzu gibt es z.B. in verschiedene Projekte, die über 1000 Monkeys, 1000 Typewriters laufen, darunter der jährlichen Game Chef Contest, bei dem die Teilnehmer eine Woche Zeit haben. In den letzten Jahren hat auch das FERA einen 24h-Contest angesetzt, wobei hier mangels Vorgaben allerdings meines Erachtens kaum ein Trainingseffekt erzielt wird. Daneben hat vor kurzem das Grofafo einen 72h-Contest ausgerichtet.
Über konkretes Design hinaus kannn es keinesfalls schaden, sich auch theoretisch mit Rollenspielen zu beschäftigen. Wer Literaturtheorie kann, schreibt zwar noch nicht notwendigerweise bessere Bücher, im Großen und Ganzen lässt sich ein gewisser Nutzen wohl nicht verneinen. Auch dazu könnte ich jetzt eine ganze Reihe Links angeben, vielfach Blogs einzelner Leute, aber ich empfehle zum Einstieg das GroFaFo.
Wer schon weiter mit einem Spiel fortgeschritten ist, dem sei das Projekt Odyssee ans Herz gelegt, das Autoren auf Cons und Messen eine Plattform gibt.
Ungewöhnliche und interessante Spiele
So. Hier wie versprochen einige Links. Ich hab hier jetzt nur Spiele aufgenommen, die ich schon selber gespielt habe.
- The Pool (Original-HP, Deutsche Übersetzung) ist ein sehr kurzes Rollenspiel ohne Hintergrund oder Core Story. Das Spiel hat eine gewisse Fan-Gemeinde, so dass auf der englischen HP auch verschiedene Regelabwandlungen zu finden sind. Für noch besser als das Original halte ich The Puddle, da sich hier besonders gut die genau festgelegte Interaktion zwischen Fiktion und Mechanik beobachten lässt. Ein Vergleich mit dem Original ist jedoch auch interessant.
- Capes von Tony Lower-Basch ist ein Superhelden-Rollenspiel ohne Spielleiter. Auf der offiziellen HP gibt es Kurzregeln, die allerdings nicht ganz einfach zu verstehen sind. Das Spiel ist interessant, wegen seiner sehr ausgefeilten Mechanik, die gute Arbeit bei der Strukturierung eines SL-freien Spiels leistet. Im Grofafo gibt es eine deutsche Rezi.
- Ganakagok von Bill White ist ursprünglich ein Produkt aus dem Game Chef Contest von 2004. Hier findet ihr die kostenlose, überarbeitete Version. Im Spiel geht es um eine arktischen Eislandschaft, wo die Sonne aufgeht. Der Spielablauf ist sehr strukturiert und verbindet den Einsatz von speziellen Karten und Würfeln.
- Polaris von Ben Lehman ist ebenfalls aus dem Game Chef Contest von 2004 und auch hier geht es um Eiswelt, wo die Sonne allerdings schon aufgegangen ist. Das Spiel hat keinen festen Spielleiter, sondern benutzt eine rotierende Struktur und feste Schlüsselworte, um eine Fantasy-Tragödie zu erzählen. Offizielle HP.
- Donjon von Clinton R. Nixon bietet "Old-school dungeoneering with an all new bent." Hier kann man mal wieder einen Dungeon durchstreifen. Interessant, weil hier tatsächlich alles was der SL tun kann, seine guten und schlechten Seiten für die Helden hat. Offizielle HP.
- The Shadows of Yesterday ist auch von Clinton und ein recht klassisches Fantasy-Spiel. Für mich interessant, weil es einen gut gemachten Hintergrund bietet. Die Regeln sind noch recht klassisch, aber auch gut gewählt. Das Werk kann man entweder kaufen oder hier als Creative Commons Text (ohne Layout) bekommen.
- FATE ist eine neuere Form von Fudge und damit eher ein Baukasten als ein fertiges Rollenspiel. Daher natürlich interessant für alle, die ihre Spielmechanik nicht von Grund auf entwickeln wollen. Offizielle HP. Deutsche Übersetzung. Channel im Grofafo.
- Primetime Adventures von Matt Wilson ist ein Rollenspiel, dass sich spielt wie eine Fernsehserie und alle Regeln sind so gewählt, dass sich das Spiel entsprechend anfühlt. Die Gruppe macht die Serie komplett selbst. Interessant weil, es schöne Regeln hat, um Teilnehmer zu belohnen. Offizielle HP. Rezi im Grofafo.
- Dogs in the Vineyard von Vincent Baker spielt in einem mormonischen Wilden Westen, den es so nie gab. Die Charaktere sind relegiöse Gesetzeshüter, die Dogs, die von Stadt zu Stadt ziehen. Äußerst mächtige Konfliktregeln und gute Regeln zur Spielvorbereitung. Offizielle HP. Rezi im Grofafo.
- WuShu von Dan Bayn ist ein beliebtes Action-Rollenspiel (wenn auch nicht so mein Fall). Auch ohne Hintergrund und Core Story. Hier werden Handlungen einfacher, je ausgefallener sie beschrieben werden. Offizielle HP. Deutsche Übersetzung. Channel im Grofafo.
7 Kommentare:
Man, dass heißt Cthulhu und nicht Chtulluh! ;)
Sehr interessant schon mal, aber kannst du noch die Diagramme hinzufügen und das ganzevielleicht als PDF zur Verfügung stellen? Mit Diagramme meine ich z.B. das Verhältnis von Core Story / Hintergrund / ... zu Regeln und das Design Pattern-Beispiel.
Ciao, Scorpio
Kann ich nächste Woche mal angehen. Übers Wochenende muss ich etwas Geld verdienen.
Guter Workshop - gute Nachbereitung.
Was mir trotzdem noch gefehlt hat sind Beispiele jenseits der Dreifaltigkeit von Hintergrund, Core-Story und Spielstil, denn auch solches gibt es.
Dieser Dreifaltigkeit die Regeln gegenüber zu stellen, hätte m.E. außerdem bedurft, dass man die Dreifaltigkeit mit einem Überbegriff versieht (Fluff?). Denn das Verhältnis dieser 3 Begriffe zu den Regeln ist sicher nicht 3:1, sondern rein thematisch gesehen 1:1.
Oder?
Fluff ist es wohl nicht. Keine Ahnung. Ich hab auch überlegt, wie man das nennen könnte.
Wenn man es Absicht/Intention nennen würde, wäre es zumindest im Rahmen des Rollenspieldesigns zielgerichtet auf die Regeln.
Damit schon mal nicht schlecht, aber ob der Begriff wirklich den drei Faktoren gerecht wird?
Der Link zu Ganagok ist falsch.
Korrigiert.
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