Moin,
die Protagonisten bei Rollenspielen werden verschieden bezeichnet. Häufig lesen wir entweder Helden oder Abenteurer. Ist da ein Unterschied und wenn ja welcher?
Ich war schon länger der Meinung, dass es einen gebe. Ich spiele nämlich nicht gerne Abenteurer und das seit je her. Nun allerdings ging mir durch die Lektüre eines Beitrages von Alex und der damit verbundenen Diskussion eine LED auf.
Der Held will nicht abenteuern.
Der Held wird gezwungen abenteuerliche Dinge zu tun, weil sein normales Leben bedroht ist. Sollte er sich weigern zu handeln werden entweder seine Liebsten und/oder er selber sterben. Und nein, niemand anders kommt für den Job in Frage. Der Held will zurück in sein normales Leben und zu seinen Liebsten. Seine abenteuerliches Dasein ist tendentiell endlich. Sobald die unmittelbare Gefahr abgeklungen ist, wird er nach Hause gehen.
Der Abenteurer dagegen begiegt sich freiwillig in Gefahr. Er ist ein Profi. Es gäbe wohl massig andere Interessierte, die gerne durchs Stargate gehen würden, aber der Abenteurer will es selber tun. Der Abenteurer kommt regelmäßig nach Hause. Heim und Familie dienen hier als Gegenstück und Rahmen zum abenteuerlichen Tun. Die Heimat dient als Entspannungsphase und dient dem Zuschauer/Spieler als Anker. Ohne würde der Abenteurer womöglich zu abgehoben und hätte zuwenig Bezug zum eigenen normalen Leben. Sein abenteuerliches Tun aber ist tendentiell unendlich. Er kann immer wieder durchs Stargate gehen.
Natürlich gibt es Mischformen. Am häufigsten vielleicht die, dass ab und zu etwas durch des Abenteurers Stargate zurück kommt. In diesem Fall muss der Abenteurer kurzfristig zum Helden werden. Schwieriger zu leisten, ist der regelmäßige Held, der gerne nur Abenteurer wäre, also der Harry Dresden. In diesem Falle werden normales Leben und abenteuerliches Tun als Einheit von einem noch abenteuerlicheren Tun bedroht und bringen den Abenteurer so in eine Heldensituation zweiten Grades.
Auch der Superheld ist eine solche Mischform. Ander als der Held ist er nicht zum Abenteuer gezwungen, nur seine Schuld treibt ihn. Anders als der Abenteurer tut er es nicht freiwillig. Der Superheld ist quasi die permanente Mischung, denn surch seine Trennung von normalem und abenteuerlichem Leben mittels Maske bringt er sich selbst in eine prekäre Situation: Indem der Superheld das Doppelleben pflegt, erzeugt er sein Leiden selber.
Eine weitere Variante ist der Odysseus. Der Oysseus hat sein normales Leben definitiv verloren. Anders als beim Helden ist es nicht bedroht, sondern weg. Er kann nun entweder sein altes Leben zurückgewinnen oder schafft sich direkt ein Neues. Der Odysseus steht insofern vor der Wahl, sein abenteuerliches Tun jederzeit zu beenden und auf der nächst besten Insel sesshaft zu werden. Sein Abenteuer ist daher so oder so endlich.
Wie ich gerade feststelle, kann ich Abenteurer anscheinend so wenig leiden, dass mein aktueller Charakter ein Odysseus ist.
Interessant für weitere Überlegungen wäre die Fragestellung, inwiefern sich verschiedene dieser Charakterkonzepte in derselben Gruppe verbinden lassen.
Montag, Dezember 26, 2011
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2 Kommentare:
Heyho,
ich finde diese Unterscheidung intuitiv und sehr sinnig.
Besonders gut hat mir die unterschiedliche Stellung des Oikos gefallen.
Bei dem Helden geht es darum, den Zustand 0 wiederherzustellen, die Bedrohung (oft ja sogar die Bedrohung der Heimat) abzuwehren und nach Hause zu gehen.
Bei dem Abenteurer dient das Zuhause als natürliches Gegenstück, als anderer diegetischer Raum mit anderen Regeln...
Im mittelalterlichen Artus-Roman z.B. dient der Hof, an den alle immer wieder einkehren als eine Welt, sobald sie in den Wald verschwinden oder auf Aventiurefahrt gehen, betreten sie die Anderswelt, es gelten andere Regeln, dort gibt es 300 Jungfrauen und Oger und Drachen die gegen Löwen kämpfen.
Im Grunde sind die Ritter vorerst Abenteurer, sie wollen Ruhm und Ehre erlangen und betreten diese gefahrvolle Welt freiwillig... Vorerst.
Das interessante kommt nun: Iwein übertreibt, er reitet vor dem restlichen Artus-Hof los, will die Ehre allein. Er erschlägt den Gegner, heiratet durch eine List seine Frau und hat Land, Minne und Kampf. Danach geht er auf Turnierfahrt... Er übertreibt. Und wird verstoßen. Doch nach seinem Wahnsinn kommt seine Rehabilitation. Er wird zum Ritter mit dem Löwen, ohne Identität vorerst...
Nun haben wir eine andere Form von Ritter vor uns:
Jetzt wird das Fatum relevant: Im Text steht immer etwas wie: "Die Geschichte / der Wind trug den Ritter zu der Begebenheit"... Dort kann er wirklich der Erfüllung des Ritters nachgehen, Leute retten, Streit schlichten, Jungfrauen gewinnen. Aber nur, wenn er sich treiben lässt. Gott, der Spielleiter, das Schicksal oder eine andere Entität werden schon dafür sorgen, dass er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort landet, um seinem Schicksal nachzugehen.
Der erfüllte Ritter ist also Held, er ist da, wo er gebraucht wird, ohne das Abenteuer zu suchen...
Bei deinen eigenen Chars kann man es dir schwerlich recht machen: Bist Du gezwungen in einer Situation gefällt es dir nicht... Ich finde deine Chars sind Abenteurer auf Zeit. Sie mischen sich nach Interesse bei bestimmten Dingen ein. Alle Chars würden sich im Grunde auch irgendwo sesshaft machen. So verhalten sie sich auch. Es ist nicht die Heimkehr des Helden, sondern die Heimkehr des Abenteurers, der nach Reisen irgendwo hängen bleibt...
So far,
Eike
Das liegt nur an schlechter Kommunikation in der Runde. Wenn die Charaktere ständig durch die Länder gebeamt werden, kann man keine Helden spielen. Dazu muss man vorher wissen, was und wo gespielt wird.
Es muss erst die Charaktere geben, dazu einen Plan, was schief gehen wird. Nicht erst den Plot und dann wildfremde Charaktere, die reinpurzeln.
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