Dienstag, April 10, 2007

Mein Freund der Powergamer

Hi.

Ich möchte kurz einmal auf eine Weisheit zu sprechen kommen, die ich hier noch nicht habe fallen lassen, die aber von größter Wichtigkeit ist:

Der beste Freund des Rollenspielautors ist der Powergamer.


Zuerst müssen wir uns natürlich darüber einig werden, wer mit Powergamer überhaupt gemeint ist.

Powergamer seien Spieler, die sich durch intelligenten Einsatz der Spielmechanik Vorteile verschaffen wollen, wobei sie sich an die vereinbarten Reglen halten.


Wie ich schon verlauten lies, hat man als Designer nur einen begrenzten Einfluss auf das Spiel, dass am Ende gespielt wird. Wie kann man also die Spielerschaft dazu bringen, nun ungefähr so zu spielen, wie man sich das vorgestellt hat?

Natürlich zum einen, indem man klare Regeln schreibt und klar stellt, was sie bezwecken sollen. Dann kann man hoffen, dass durch Ratio und Vertrauen in den Designer das Gewünschte passiert.

Das klappt aber nicht immer. Gemeine Drifter lauern, die nur die coolen Bilder angucken oder die Hintergrundtexte lesen und dann ganz andere Techniken zu Regeln machen, als sich der Autor das vorgestellt. - Um das klarzustellen, ich hab nichts gegen Leute, die sich ihre eigenen Regeln machen, aber wenn ich keinen Wert darauf legte, dass die meinen benutzt werden, schriebe ich sie nicht.

Ein (nicht immer ganz einfacher) Schachzug ist jetzt, die Regeln so anzusetzen, dass bestimmte Verhaltensweisen gefördert werden. Das wird nun keinen reinrassigen Method Actor von seinem Tun abbringen, aber die Powergamer kriegt man so.

Denn der Powergamer will gewinnen. Und er wird alles dafür tun. Er wird sich innere Konflikte überlegen, wenn man damit gewinnen kann. Er wird sich kreative Taktiken überlegen, wenn man so gewinnen kann. Er wird alles tun, um zu gewinnen.


Natürlich funktioniert dieses Vorgehen nur, wenn Zahlen und Mechanismen da sind. Aber, wenn ich keine geschrieben habe, würde ichs ja nicht darauf anlegen, dass sie auch benutzt werden.

Anders herum gilt natürlich das Gleiche. Wer sagt, "Aber ich hab mein Spiel doch gar nicht für Powergamer geschrieben!!", hat irgendwas nicht verstanden, sofern er irgendwie Zahlen in sein Spiel getan hat. Denn dann schlägt der Powergamer zu. - Und dann können wir das doch gleich zu unserem Vorteil nutzen.


Schließlich sei noch gefolgert: Die Forgies sind keine Erzählonkel oder Story-Nutten, sondern pickelige Powergamer, die das, was Vampire-Emo-Tanten ganz umsonst tun, erst machen, wenn sie damit ihre Keys aktivieren und Erfahrungspunkte ziehen können, dann aber richtig.

Geknuddelt seid ihr Powergamer da draußen.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da ich alter ARSler nur eins dazu sagen: Word. Powergaming macht Spaß, und wenn das anders ist taugen die Regeln nichts.

Leider gibt es genug Tellertieftaucher die Powergaming betreiben, feststellen dass das System so keinen Spaß macht (vgl. DSA mit seinem Hartholzharnisch und den Kaugummikämpfen durch PA-Lastigkeit) und dann den falschen Schluß ziehen dass das Powergaming der pöse Purche sein muss, nicht das System.

Anonym hat gesagt…

Jo, sehe ich auch so. Powergaming hat aber mit ARS nix zu tun (vgl. z.B. PtA).

Dom

oliof hat gesagt…

Ich bin auch immer froh über "Powergamer" oder Zahlenakrobaten, denn sie zeigen mir, wie (und ob) das System funktioniert. Besonders aufgefallen ist mir das bei "balancierten Punktekaufsystemen", denen man ein naiv konstruiertes Charakterkonzept in die Hand drückt und ein paar Tage später bekommt man "Whoah!" von ihnen, was man eigentlich haben wollte, aber selbst mit dem System nicht hinbekommen hat.

Was viele Leute mißverstehen: Powergamer != Munchkin. Aber ob Munchkin oder Drama Queen, mit Spielern, die auf Kosten anderer Profil suchen, ist jede Runde in Gefahr, zu scheitern.

Man braucht bei Dogs in the Vineyard keine Angst vor Leuten mit breit angelegten Traits zu haben, denn sie werden sie immer wieder benutzen, und die Gegenseite so zur Eskalation zwingen, was wiederum Fallout bringt. Und irgendwann wird aus einem "Ich kann fest zupacken" vielleicht auch "Ich fürchte meine eigene Kraft".

Man braucht bei TSOY z.B. keine Angst vor "key churners" zu haben, die einen Pfad nach dem anderen weg hauen, um die XP einzustreichen, denn wenn das richtig gemacht wird, kommt halt ein leuchtender Charakter raus. Und durch die Transzendenz-Regeln gibt es auch ein oberes Limit, denn ein Powergamer will an seiner Kreation ja auch Spaß haben und wird deswegen aufpassen, dass die "Sicherung nicht durchbrennt".

Vielleicht etwas subtiler ist es bei Fate3/Spirit of the Century, wo die wahren Powergamer negative Traits haben, damit sie John McLane-mäßig auf die Schnauze bekommen und dafür Fate-Punkte einsacken, mit denen sie dann den John McLane-mäßigen Rebound hinlegen, den alle genießen können. Einen ähnlichen Mechanismus gibt es sogar bei Mutants&Masterminds 2nd Ed., um mal etwas mehr in Richtung Mainstream zu gehen.

PS: Skyrock: Ich pflichte Dom bei - Nicht überall wo Spaß drinsteckt, steht ARS drauf.

Anonym hat gesagt…

Schon klar dass nicht zwingend ARS vorliegen muss damit Regelbenutzung und -ausnutzung Spaß macht. Es ist aber gerade für mich als ARSler ein Anliegen dass diese Erkenntnis zu den "Breitensportlern" durchsickert. Ich wäre froh wenn ich endlich keine "Story über Regeln"- oder "ROLEplay vs ROLLplay"-Debatten mehr führen müsste.

Georgios hat gesagt…

Alles wahr, aber...

Powergaming ist nicht gleich Powergaming. Der Vorwurf den so manche Atmo-früchtchen den Powergamern machen und einfallslose Powergamer den Forge-Spielen, ist das das harte Regelauslasten, keine Fiktion liefert, die in ihrer Dichte für die Gruppe ansprechend ist.

Sollte die Frage nicht viel eher lauten: wie muss ich die Regeln bei einem Spiel anpacken bzw. wie muss ich das gesamte Spiel angehen, damit ich durch das Ausreizen der Regeln eine Fiktion erschaffe, die ansprechend und packend ist? Kurz: wie powergame ich richtig, so dass dem Spiel geholfen wird, statt es zu trockenen Regelsport zu verdammen?

Die Antworten die Leute darauf haben, würde mich interessieren.