Sonntag, August 30, 2009

Wie man Gesinnungen richtig macht

Moinsen.

Gesinnungen sind gerade mal wieder groß Thema. Da wird dafür und dagegen argumentiert und Ein katalogisiert auch fein.

Allein reden alle aus mir unerfindlichen Gründen nur über Gesinnungen bei D&D. Dabei gibt es andere Spiele, die auch Gesinnungen haben und wo die viel besser funktionieren. Ich greife nur eines heraus und zwar Nobilis. (Ich könnte etwa auch die Pfade der Erleuchtung aus Vampire: The Masquerade anführen.)

Bei Nobilis jedenfalls umfasst jede Gesinnung, genannt Codex, drei Vorschriften. Beispielsweise gibt es da:

The Code of the Angels
1. Beauty is the highes principle
2. Justice is a form of beauty.
3. Lesser beings should respect their betters.

The Code of the Fallen Angels
1. Corruption is the highes principle
2. Suffering is a form of beauty.
3. Power justifies itself.

The Code of the Light
1. Humanity must live, and live forever.
2. What must be done, ought be done cleanly.
3. Humans must be protected, particularly from themselves.

The Code of the Dark
1. Humans should destroy themselves, individually.
2. Humanity should destroy itself, collectively, except for a few toys.
3. Ugliness to human eyes shows that one is worthy.

The Code of the Wild
1. Freedom is the highest principle.
2. Sanity and mundanity are prisons.
3. Give in kind with a gift received.

Man kann sofort einige Dinge feststellen. Zunächst sind zwar einige Gesinnungen eindeutig bösartiger als andere, aber keine heißt böse. Das ist allein schon deswegen sinnvoll, weil sich niemand selbst als böse sehen würde.

Weiter ist keine der Gesinnungen nett. Lichte Mächte könnten z.B. massig Menschen opfern, wenn sie damit mehr oder für das Überleben der Menschheit zentralere Personen retten könnten. Das bedeutet, dass jede Gesinnung unter bestimmten Umständen „gut“ oder auch „böse“ sein kann.

Dann sind diese Gesinnungen klar mit bestimmten Gruppierungen verbunden. Man wird erwarten, dass ein Engel dem Kodex der Engel folgt, auch wenn das nicht zwingend ist. Dadurch bekommen alle Teilnehmer eine Erwartungshaltung, mit der man spielen kann. Auch lassen sich so leicht Verbündete finden. Wilde Mächte werden vermutlich gut mit anderen Wilden Mächten auskommen.

Darüber hinaus haben die Kodizes diese knapp formulierten Gebote oder Sentenzen. Die sind zwar interpretierbar (und das ist auch gut so), aber durch ihre Katechismenhaftigkeit wirken sie viel handlicher als z.B. der Blurb, den D&D traditionell für seine Gesinnungen verwendet. (D&D benutzt ein Format wie dieses neuerdings, um die Gebote der Götter darzustellen. Die sind wirklich lernfähig.)

Wem aber all diese Kodizes nicht gefallen, der kann sich auch seinen eigenen schreiben. Einfach drei Gebote mit einer Überschrift versehen und ab dafür. In der Spielwelt gibt es sogar eine Gattung von Charakteren, für die das erwartet wird. Dann geht zwar der Team-Faktor verloren, aber niemand ist also gezwungen sich irgendein Team zu suchen.

Wie wirkt das aber nun im Spiel? Die meisten Diskussionen über die D&D-Gesinnungen entstehen daraus, dass dann jeweils einige Leute meinen, dass ein Charakter sich nicht gesinnungsgemäß verhalten habe und seine Gesinnung daher wechseln solle, was der betreffende Spieler natürlich häufig nicht einsieht.

Bei Nobilis funktioniert das alles anders. Hier bestimmt nur der Besitzer des Charakters, welcher Kodex da steht. Immer wenn sich der Charakter dann besonders kodexgerecht verhält, bekommt der Charakter einen Wunderpunkt zugesprochen. Der Spieler kann natürlich auch anmerken, dass er meint seinen Charakter grade besonders kodexgerecht gespielt zu haben.

Hier wird sich das Problem von D&D niemals stellen. Der Spieler wird nämlich nicht bestraft, sondern unter Umständen belohnt. Diese Belohnung erfolgt weiter zeitnah und hat kurzfristige Auswirkungen.


Wir sehen daher, dass die Kodizes bei Nobilis allen Kriterien für guten Crunch genügen:

- Die Kodizes werden übersichtlich präsentiert.
- Sie unterliegen der Kontrolle des entsprechenden Spielers.
- Der entsprechende Spieler will sie haben, weil sie ihm nützen.
- Die Kodizes sind in der Spielwelt verankert und bei bestimmten Figuren und Organisationen wird man das Auftreten eines solchen Crunchy Bits erwarten.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich mochte auch dioe Gesinnungen aus den Palladium-RPGs

Anonym hat gesagt…

Wiedermal eine schöne Postierung. Erinnert mich irgendwie an DSA4-Prinzipientreue (nur dass dort nicht belohnt wird).

Bei echten Helden ist sowas in jedem Falle angebracht. Bei eher noirigen Charakteren versteckt sich die Gesinnung oft in "1. Jeder ist sich selbst der nächste".

Craze hat gesagt…

Schöner Ansatz, aber Gesinnungen zwischen den Systemen zu vergleichen, ist ein bisschen Äpfel mit Birnen vergleichen. Das Gesinnungsmodell von D&D funktioniert im Kontext des Spiels ganz wunderbar, IMHO. Für ein Storytelling-lastigeres System mit weniger klaren Grenzen zwischen Gut und Böse braucht man natürlich auch ein ausgefeilteres Moralsystem (wenn überhaupt).

Die eigentiche Frage beim erschaffen eines Gesinnungsmodells ist also, ob es im Kontext der Spielwelt (und natürlich der Regeln) Sinn ergibt. Wenn man den Nutzen eines solchen Modells also bewerten will, sollte man das innerhalb des jeweiligen Rollenspiels machen.

Aber nichtsdestotrotz ein guter Denkanstoß.

Verspielte Grüße,
Craze