Sonntag, Mai 25, 2008

Kampfsysteme

Hi.

Ich hab mich ja schon ausgiebig zu Charaktererschaffung und kurz mit Würfelproben beschäftigt. Nun will ich einmal auf Kampfsyteme schauen. Erstmal abgrenzen:


Ein Kampfsystem ist ein Regelkomplex, bei dem verschiedene Spieler, normalerweise durch verschiedene Charaktere, gegeneinander antreten. Das Spiel verläuft dabei in Runden und Zügen. Ein Kampf endet, wenn bestimmte Ressourcenstände erreicht sind oder gewisse Teinehmer aufgeben.


Gehen wir das einmal durch.

Handlungsökonomie
Das Spiel verläuft in Zügen. Das heißt die Spieler sind abwechselnd dran. Wichtig ist hier möglichst keine langen Pausen vergehen, bis ein Spieler wieder am Zug ist, und ein Spieler nur in Ausnahmefällen häufiger dran ist als andere. Beides kann zu Langweile und Frustration führen.

Schlechtes Beispiel ist hier Shadowrun, das sich seit der zweiten Edition damals zwar gebessert hat, aber immer noch sind die Samurais ständig häufiger dran als die Magier. Nicht schön.

Gleiches kann passieren, wenn ein Spieler mehr Charaktere führt als andere und wenn die Handlungen nach Charakteren vergeben werden. Eine einfache Lösung ist natürlich, die Handlungen einfach nach Spieler zu vergeben, der sie dann auf seine Charaktere verteilen muss.


Schaden vs. Fortschritt
Als nächstes gibt es also Ressourcen, die ein Gewinnen anzeigen. Bei den meisten Rollenspielen hat man gewonnen, wenn alle Gegner verloren haben. Klingt komisch, ist aber kein zwingender Zusammenhang.

Die Sache ist nämlich so: Bei den den meisten Spielen wählt man ein Gegner als Ziel aus, greift diesen an und zieht ihm eine Ressource, verursacht also Schaden am Ziel. Erleidet das Ziel zu viel Schaden, wird es aus dem Kampf genommen.

Eine andere Möglichkeit ist unabhängig von irgendwelchen Gegnern eine Ressource aufzubauen, die ab einem bestimmten Stand anzeigt, dass man gewonnen hat. Man versucht also hinsichtlich eines Ziels Fortschritte zu machen.

Der Unterschied ist keinesfalls kosmetisch, sondern narrativ bedeutsam. Wer ein Schadenssystem schreibt, modelliert was Leute einander antun. Ein Fortschrittsystem ist per se weniger gewaltsam.

Dabei ist interessant, dass es auch genauso wie es verschiedene Gegner gibt, auch verschiedene Konfliktgegenstände geben kann, bei denen man getrennt Fortschritt erzielt. Wie man sich also entscheiden kann auf welchen Gegner man schießt, könnte man sich entscheiden müssen welchen Gegenstand man haben will.

Man kann natürlich auch beide Varianten oder auch verschiedene Ausführungen beider Varianten parallel laufen lassen, wie man z.B. bei Magic: The Gathering sieht.


Initiative
Unter Handlungsökonomie firmiert, wie oft ein Spieler dran ist. Inititive sagt, wann er dran ist. Es wird also eine Handlungsreihenfolge festgelegt.

Hier stellt sich ein grundsätzliches Problem, wenn die das Festlegen der Reihenfolge Organisation von Spiel aber nicht Spiel selber ist. Das ist dann nämlich langweilig. Auch hier wieder Negativ-Beispiel Shadowrun. Man würfelt jede Runde Initiative, die dann notiert und abgehandelt werden muss.

Dabei gibt es verschiedene Möglichkeit das besser zu handhaben (mit Beispiel):

- Zyklische Initiative (D&D): Es wird einmal eine Reihenfolge aufgestellt, die dann fest bleibt. Ist die List durch fängt sie von vorne an. Es geht also wirklich nur um eine Reihenfolge, die ermittelte Intiative-Zahl ist egal. Wer möchte kann abwarten, wandert dann aber in der Liste entsprechend nach hinten.

- Ein-Wurf-Methode (Meatbot Massacre): Es wird ein Wurf die Runde gemacht. Aus dem Wurf wird abgelesen wie erfolgreich die angstrebte Handlung ist und WANN sie stattfindet. Ich weiß, Meatbot Massacre ist ein Tabletop und kein Rollenspiel. Warum wähle ich nicht die One Roll Engine vom gleichen Autor als Beispiel, wenn ich schon auf den Titel anspiele? Weil man bei der ORE erst einmal ansagen muss, was man vorhat. Da schießt sie sich ins eigene Bein.


Überhaupt ist mir der Iniative-Fetisch vieler Autoren ein Rätsel. Iniative ist per se nur interessant, wenn man dadurch den Kampf gewinnen kann, bevor der andere dran ist. Dies kann man einfach dadurch lösen, dass - komme was wolle - die Runde zu Ende gespielt wird. (Man könnte auch äquivalent festlegen, dass alle Aktionen gleichzeitig stattfinden.)


Aufgeben
Das steht da oben und dazu muss man was sagen. "Meine Spieler ziehen sich nie zurück!" Wie oft habe ich da schon Spielleiter rumweinen hören? Andernorts mag man sich über schlechte Kommunikation unterhalten, wir kümmern uns hier um unpassende Regeln.

Denn Fakt ist: Die meisten Rollenspiele sehen Aufgabe und Rückzug in den Regeln nicht vor. Ggf. kann man noch Bewegungsweiten vergleichen und gucken, ob man wegrennen kann. Funktioniert natürlich nur in Dungeons vernünftig.

Damit Aufgeben und Rückzug regelmäßig vorkommt, muss es in den Regeln verankert sein und einen klaren Nutzen haben. Das bedeutet: Wer aufgibt oder sich zurückzieht, kann seine Ressourcen schützen.

Einfachstes Beispiel: "Wer sich ergibt, wird nicht erschossen." Das wäre eine mögliche Regel.

Für andere Varianten empfehle ich Dogs in the Vineyard und With Great Power, die man am besten sowieso beide kennen sollte.


Ich denke das reicht erst einmal. Bei Fragen fthagn.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was Aufgeben angeht, so sind Moralchecks ein gängiges Mittel, wie OD&D oder FTA! zeigen. Dabei kann man entweder die Charakterhandlung erzwingen (OD&D), oder man kann saftige Abzüge für Demoralisierung vergeben die es zu einer guten Idee machen zu verschwinden und es an einem anderen Tag nochmal zu versuchen (FTA!).

Eine andere Möglichkeit ist dafür zu sorgen dass man erst mal auch ohne Tod kampfunfähig ist und der Tod nur bei besonderem Würfelpech oder auf besondere Entscheidung des Gegners eintritt. Um mal wieder auf SEUCOR zurückzugreifen: C-Beispiel wären 7th Sea und Castle Falkenstein mit der Todesstoßklausel, R-Beispiel CP2020 wo mit steigendem Schaden erst und mit heftigeren Abzügen Rettungswürfe gegen Stun gemacht werden müssen, ehe es zu den Rettungswürfen gegen Tod kommt.


Ansonsten würde ich Liechtenstein samt allen Stiftungen kaufen und es in Königlich-und-Kaiserliche Präfektur des Magic Deers umbenennen, wenn ich einen Euro für jedes miese und laaangweilige Inisystem bekäme.

Stefan / 1of3 hat gesagt…

"Was Aufgeben angeht, so sind Moralchecks ein gängiges Mittel, wie OD&D oder FTA! zeigen."

Äh, nein. Moralchecks sind ggf. eine alternative Methode, um zu gewinnen. Ich rede davon, sich für den Rückzug zu ENTSCHEIDEN.

Anonym hat gesagt…

Dann ist OD&D draußen, FTA! aber noch drin, denn da gilt beim Moralcheck:
Einfachstes Beispiel: "Wer sich ergibt, wird nicht erschossen." Das wäre eine mögliche Regel.

Man _kann_ durchaus auch weiterkämpfen anstatt den Rückzug anzutreten oder sich zu ergeben. Der -6-Malus macht das aber zu einer sehr dummen Idee, wenn man nicht klar überlegen ist (in welchem Fall man eigentlich erst gar keinen Moralcheck hätte verlieren sollen).

Damit steht es in einer Linie mit TSoY (wo man Mali durch das Harm kassiert, das Harm nach dem Kampf mit steigender Höhe überproportional schwer abzubauen ist und es sein könnte, dass der Gegner seine Intention noch verschlimmert) oder DitV (wo mit Fall-Out und Eskalation ähnliches gelten soll, wo ich aber den Primärtext nicht kenne um es zu beschwören und den Finger auf die Details zu legen).

Der Oger hat gesagt…

Der Vorteil der meisten Initiativesysteme ist die einfache Umsetzung. Ist zwar langweilig, aber eben ein Vorteil.

Für EXODUS wollte ich ursprünglich ein System, nachdem durch die individuellen Handlungen des Spielers während seines Zuges, dessen "Behinderung" und einem Zufallsfaktor die neue Initiative bestimmt wird. Das erwies sich jedoch schon nach kurzem Testen als so unhandlich, das ich es gelassen/ umgeschrieben habe.

Was die Magier bei Shadowrun angeht (wenn die Sammies klug sind, sterben diese als erste): sie können, falls entsprechend ausgelegt, deutlich mehr Schaden verursachen. Manaball, Manablitz, und vielleicht das ganze noch in Betäubung.
Das scheint aber, soweit ich das weis, eine sehr verbreitete Taktik zu sein: Identifizierte Magier werden zuallererst aufs Korn genommen.

Anonym hat gesagt…

Interessant. Gibt es denn tatsächlich ein Rollenspielwerk, das kein Schadenssystem modelliert, sondern den Fortschritt? Ich tu mir etwas schwer, mir ein Fortschrittssystem vorzustellen...

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Klar.

Letztendlich ist der Trick nur, dass es einen Anzeiger gibt, der hochgezählt wird und sagt, wanns vorbei ist. Tischtennis macht sowas. Spielen bis 21 und zwei Punkte Vorsprung.

Hab ich mir für B&B dann auch gleich mal ausgeliehen. Wohlgemerkt nur bis 10.


Bischen mit Extra ist dann With Great Power. Da muss man den Gegner jeweils mit ner höheren Karte überbieten. Kann man das nicht, verliert man.

Bei Capes gehts so ähnlich, da kann man aber gleich mehrere Konflikte auf einmal beackern.

Dogs in the Vineyard macht auch sowas in die Richtung, wobei da am Ende dann noch mal so ne Art Schaden verteilt wird. Die ist aber nicht kampfentscheidend.

Anonym hat gesagt…

Das mit dem Hochzählen klingt super!

Allerdings gibt's auch noch Kampfsysteme, die nicht nur "Ressourcen" runterwirtschaften.
Oder?

Stefan / 1of3 hat gesagt…

"Allerdings gibt's auch noch Kampfsysteme, die nicht nur "Ressourcen" runterwirtschaften.
Oder?"

Hilf mir auf die Sprünge.

Anonym hat gesagt…

sorry, ich muss mal nachfragen. hab ich da was nicht verstanden?
ist es nicht egal, ob ich schadenspunkte aufschreibe, bis ich einen festen wert erreicht habe oder ob ich hitpoints abziehe, bis ich einen festen wert(meistens 0) erreicht habe?

zur shadowrun-ini: ich fand die ini-würfelei immer einen netten bestandteil des kampfsystems. sie erlaubt jede runde neue taktische entscheidungen (insbesondere, da die würfelpools dann wieder zur verfügung stehen).

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Vom mathematischen Standpunkt her ist das in der Tat egal. Das Gefühl dabei ist anders.