Donnerstag, April 26, 2007

Hap Disch

Morgen.

Über das Folgende wollte ich schon länger mal schreiben, aber mir fehlte lange der gewisse gedankliche Durchbruch. Meine Einstiegsfrage war: "Wie ist der Nutzen von Miniaturen erklärbar, wenn überhaupt?"

Ich selbst hab lange Zeit auf Minis verzichtet, weil ich empfand, dass dadurch das Bild in meinem Kopf zu eingeschränkt würde. Heute bentutze ich sogar für Spiele wie Donjon.

Was leisten diese Dinger nun also? Die Antwort ist verblüffend einfach: Sie bieten einen zusätzlichen Kommunikationskanal und das ist interessant. Immerhin besteht Rollenspiel aus der Kommunikation über fiktive Ereignisse.

Wir können uns als Designer also überlegen, wie wir verschiedene Kommunikationswege geschickt ausnutzen. Dazu mache ich folgende Beobrachtungen.


  • Es gibt gewisse Informationen, die die Teilnehmer übermitteln möchten.

  • Es gibt ggf. auch gewisse Informationen, deren Übermittlung zum Funktionieren der Regeln nötig ist.



Klingt plausibel, ist auch so.

Nun ist es so, dass die vorrangige Handlung, die Rollenspiel von anderen Spielen abhebt, das Erzählen von fiktiven Vorgängen ist. Die Spieler wollen also eigentlich gerne Dinge erzählen. Allerdings kann es passieren, dass bei gewissen Mechanismen der verbale Kanal geradezu verstopfen kann.


Als Beispiel möchte ich zwei Szenen vortragen, wie sie sich in meiner Rollenspielzeit mehrmals zugetragen haben. Und zwar stammt die eine aus dem Hack'n'Slay-Spiel D&D (gespielt mit Miniaturen) und die andere aus dem ach so erzählerischen Vampire: Die Maskerade (ohne Minis).

Ich stürme auf den Gegner zu *setzt Figur*, und hole zu einem mächtigen Schlag aus. Powerattack +5. *würfel* Trifft. *würfel* 25 Schaden.


Ich greife den einen Gegner an. Den, der schon mal ne Kugel abbekommen hat. *würfel* 5 Erfolge. Ich nehme an der pariert nicht. *SL schüttelt den Kopf* *würfel* 7 Erfolge. *SL würfelt für Soak*



Das war beides noch weniger Farbe, als man es bei WuShu erwarten würde, aber D&D hat das zumindest nicht als Ziel.

Vampire macht dagegen gar keine Lust irgendwas zu erzählen. Ich hab schon genug Stress damit meine ständig variierenden Würfelzahlen auszuzählen. Dabei macht es weiterhin auch keinen Spaß irgendwelche Kampfmanöver-Sonderregeln anzuwenden, was theoretisch auch möglich wäre.


Die Vorteile bei D&D sind hier eindeutig, dass zum einen abstrakte Darstellung des Geschehens vorliegt und der Spieler nur seinen Penöpel zu seinem Opfer ziehen musste.

Daneben werden deutlich weniger Rechenschritte benötigt. Der Spieler muss nicht erst - wie bei Vampire - seine Netto-Erfolge aus dem Angriffswurf als Bonuswürfel für seinen Angriff dazunehmen. Im Gegenteil. Der Krieger kann sich die ein, zwei Würfel für seine magische Axt schon bereitlegen. Und während in Villa-Darkness noch gezählt wird, ist in Villa-Dungeon schon der Nächste halb fertig.


Das ist aber heute gar nicht mein Thema, denn es soll ja um Kommunikationskanäle gehen. Dabei gilt: Noch länger als selbst etwas im Kopf auszurechnen, dauert es, anderen die Zahlen mitzuteilen, die sie verrechnen müssen.

Hier kommt noch ein weiterer Vorteil von D&D zum Tragen: Sofern das Monster keine Damage Reduction hat, ist der gewürfelte Schaden das Endergebnis. Anders herum muss bei Vampire noch wieder mitgeteilt werden, wieviel nach dem Soak-Wurf noch über ist.


Zugegeben der Vergleich ist nicht ganz fair. Denn es gibt ja ein neues Vampire, Requiem nämlich, das da einige Verbesserungen eingebaut hat. Da wird für jeden Angriff nur noch einmal gewürfelt und, was mir am besten gefällt: Der Schaden ist immer gleich der gewürfelten Erfolge. Man sieht das Blut gleichsam spritzen, denn praktisch jeder Angriff macht zumindest ein bischen Schaden.

Allerdings bleibt auch hier ein Werblutstropfen, denn bevor ich anfangen darf auf meinen Gegner einzuwürfeln, muss mir erst noch übermittelt werden, wie dessen Verteidigungswert ist, also wieviele Würfel ich weglegen muss. Ich hab die Demo-Kampagnen für Vampire: Requiem und Werwolf: Paria gespielt und regelmäßig kamen vor, "Will würfeln! Darf aber noch nicht!", oder, "Ups! Hab schon gewürfelt. Muss jetzt nochmal würfeln." Ist ein bischen so, wie auf der Felge fahren.

Aus dieser Sicht wäre ein variabler Mindestwurf besser gewesen. Dann kann ich mir nachdem mein motorisches Unterprogramm die Würfel bewegt hat, darüber nachdenken können, was das jetzt bedeutet. Achilli & Co. hatten natürlich Gründe variable Mindestwürfe rauszuschmeißen, aber an dieser Stelle ist es störend.


Was habe ich aus diesen Überlegungen gelernt:


  1. Gegenständliche Elemente können das Wort entlasten.

  2. Wenn Zahlen verglichen werden, geht das schneller, wenn man sie nicht erst jemanden mitteilen muss.

  3. Wenn ein bestimmter haptischer Ablauf, immer wieder auftritt (wie Angriffswürfe bei Vampire), ist es sinnvoll, ihn dann ohne Änderungen laufen zu lassen.




Jetzt will ich noch ein paar Beispiele bringen, die das alles gut umsetzen:

Godlike beim Setzen für den Kraft-Einsatz. Zur Erklärung: Bei Godlike müssen Super-Charaktere, wenn sie eine Kraft gegen einen anderen Superhelden aktivieren, verdeckt Willenskraft setzen. Bietet das Opfer verdeckt mehr, ist die Kraft neutralisiert. Das ist toll, denn der SL muss nicht sagen: "Du spürst wie sich eine Kraft aufbaut." Es reicht völlig verdeckt ein paar Marker in die Hand zu nehmen und dem anderen Spieler vors Gesicht zu halten.


Dogs in the Vineyard Bei DitV werden die für einen Konflikt interessanten Würfel gleich zu Anfang gewürfelt (Man kann mit Eskalation und Traits noch jeweils später ein paar dazu bekommen.) und in Reihenfolge vor sich aufgebaut. Dann werden jeweils zwei Würfel vorgelegt, die die Stärke einer Aktion symbolisieren. Der Verteidiger legt jeweils zwei Würfel dagegen. Alle Infos liegen hier offen auf dem Tisch und der Mund kann ganz in den Dienst interessanter Fiktion treten.

Einziges Problem bei DitV ist, dass man sich eigentlich die ausgelegten Würfel der Mitspieler betrachten soll, um taktisch zu agieren. Das gestaltet sich abhängig von Zahl der Mitspieler und Form des Tisches schwierig.


Capes. Das beste zuletzt. Capes ist bekannter Maßen einer meiner Favoriten und hat ziemlich komplexe Regeln. Wenn die aber allen bekannt sind, muss man darüber überhaupt kein Wort verlieren. Alles was in den Regeln passiert, liegt entweder in Form von Würfeln oder Steinchen auf dem Tisch.


Haben wir wieder was gelernt, vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Auf Wiederlesen.

5 Kommentare:

oliof hat gesagt…

Gerade bei Spielen mit Ressourcen-Management-Anteilen (DitV und Capes hast Du schon genannt) ist eine haptische Darstellung dieser Ressourcen und des Verbrauchsprozesses hilfreich, um die Regeln zu verstehen.

Für mich ist das allerdings – abgesehen vom Kommunitationskanal – etwas ganz anderes als Miniaturen zu benutzen (beides hat aber je nach Einsatzzweck seine ganz eigenen Vorteile).

Und einen weiteren Kommunikationskanal aufzumachen hat nicht nur den Vorteil, dass mehr Information übertragen wird. Wir haben auch noch andere Rezeptoren und entlasten den Kanal Sprache doppelt. Ich muß nicht mehr über "wer steht wo" reden oder "wann komme ich endlich an", sondern kann diese Information aus der visuell/haptischen Informationsebene auf dem Spieltisch direkt ableiten. Gerade Dinge wie Bewegung, Flächeneffekte etc. sind deutlich einfacher handhabbar, wenn man Karten, Figuren und Modelle zur Hand hat.

Einen Schritt weiter (wenn auch nicht bei Rollenspielen) sind ja die HeroClix-Leute gegangen, die auch noch die notwendigen Werte in die Bases der Figuren reincodiert haben. Ich habe also alle Informationen (wer steht wo und kann grad was, incl. Hitpoint-Zähler) an einer Stelle. Ich muß nur noch die Würfel bedienen. HeroClix ist quasi das Anti-Capes, in dem ich zwar auch visuelle Repräsentationen von Charakteren, Konflikten und deren jeweiligen Zuständen habe, die aber total abstrakt gehalten sind.

alexandro hat gesagt…

wobei Heroclix das Problem jeder Kodierung hat, als das man den Schlüssel zum Code entweder memoriert haben oder danebenliegen haben muss.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Karten ist, dass viele Rollenspielautoren großmeierisch sagen "benutzt bloß keine Karten", aber dann bei den Werten taktische Optionen einbauen (Bewegungsrate), die sich nur mit Karten wirklich effektiv umsetzen lassen (besonders doof, wenn man Charaktere für diesen "Vorteil" auch noch Punkte bezahlen müssen).

Aus diesem Grund leite ich z.B. Feng Shui mittlerweile grundsätzlich mit Karten.

Anonym hat gesagt…

Wo non-verbale Elemente auch nützlich sind ist bei klassischer Initiativeabwicklung. Als SL mit der Angewohnheit alle Initiativeergebnisse zu verwalten habe ich mir schnell angewöhnt mit dem Finger immer auf den Spieler zu zeigen der gerade dran ist, oder auf mich selbst wenn die Baddies am Zug sind. Das erspart Nachfragen des Strickmusters "Hat er seine Handlung jetzt durch?" oder "Komm ich jetzt dran?" und lässt die Sache flüssiger ablaufen.

Ebenfalls erwähnen sollte man da noch Regelübersichten für Einsteigerrunden - wenn ich es kann fertige ich dafür Charakterbögen auf denen die Grundregeln wiedergegeben sind, oder wenn sie zu umfangreich sind (z.B. TRoS) dann händige ich zumindest die Regelübersicht auf einem weiteren Zettel aus. Zum einen verstehen die Spieler bei der Einführung die Regeln besser wenn sie mit lesen und hören zwei Kanäle haben, zum anderen festigt es das Wissen da man bei Stellen an denen man unsicher ist nochmal kurz und knapp nachlesen kann, und Rückfragen werden minimiert da man viele Unsicherheiten mit einem kurzen Blick auf den Bogen klären kann.

Anonym hat gesagt…

Der D&D/nWoD-Vergleich ist nicht sauber. Wenn ich die Requiem-Regeln richtig verstanden habe, muss dort kommuniziert werden:

- Verteidigung des Gegners
- Erfolge des Angriffswurfes.

Bei D&D muss kommuniziert werden:

- Ergebnis des Trefferwurfes
- die Information, ob getroffen wurde oder nicht
- bei Treffer: das Ergebnis des Schadenswurfes.

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Mein Problem bei der nWoD war auch eher, dass man auf eine Information warten muss, bis man anfangen darf.