Moin.
Ich möchte heute kurz einmal darauf eingehen, wie man für sein Spiel Charakterwerte festlegt (vorausgesetzt man will so welche haben).
Typischer Weise ist es ja so: Charaktere haben unterschiedliche Werte, welche die Spieler dann aufrufen, damit der betreffende Charakter zu dem Wert passende Dinge leistet.
Wir erkennen sofort, dass diese einfache Sache schon mehrstufig ist. Anders ausgedrückt: Die Werte sind Prozesse für die Spieler, die quasi nur zufällig gebündelt und an einen Charakter getackert sind.
Eine Alternative wäre also das zu lassen. Werte werden nicht gebündelt oder nicht an Charaktere getackert. (Bei Capes beispielsweise ist technisch gesehen alles ein "Charakter", was ein Wertebündel verpasst bekommt.)
Wir nehmen aber mal an, wir wollen ganz klassische Charakterwerte. Charaktere haben verschiedene Werte und der Besitzer des Charakters hat eine gewisse Wahlfreiheit, welche Werte sein Charakter gut oder schlecht haben soll.
Wie legt man als Autor dann fest, welche Werte ein Charakter haben können soll?
Eine Frage, die ich zu meinem Erschrecken, immer wieder lese, ist welche (oder wie viele) Attribute das Spiel haben soll. Damit wird dann gemeint, ob Charaktere durch Körper, Geist und Seele beschrieben werden oder durch Stärke, Gechicklichkeit, Ausstrahlung und Intelligenz. Oder was auch immer.
DIESER ANSATZ IST MIST!
Wir haben gesehen, dass Spieler die Charakterwerte benutzen, um den Charakter Dinge leisten zu lassen. Wenn ich also als Designer einen Satz Charakterwerte vorgebe, dann muss ich mir Gedanken machen, welche Dinge die Charaktere leisten sollen.
Wenn ich als Designer diese Frage nicht beantworten kann, weil ich etwa keine Core Story vorgeben will, kann ich keinen solchen Satz von Charakterwerten vorgeben. (Da bietet sich dann das Trait Pattern o.ä. an.)
Diese Überlegung ist sehr abstrakt, deshalb machen wir ein Beispiel: Ich will ein Spiel über Monsterjäger bauen.
Man überlegt sich zuerst: Was sollen Monsterjäger tun?
Naja... Sie sollen z.B. Kämpfen, dem Monster Fallen stellen, ein bischen Okkultismus für Schutzkreise o.ä. können, und vielleicht Medizin, wenn das Monster einen gebissen hat.
Diese Dinge schreibt man auf ein Blatt Papier. Man fängt also, um mal klassische Terminologie zu benutzen, niemals mit "Attributen", sondern immer mit "Fertigkeiten" an.
Mit dieser ersten Liste arbeitet man weiter. Da gibt es verschiedene Operationen:
Streichen: Es gibt zwar guten Grund, dass ein Charakter in dem Bereich was leisten soll, aber es soll kein Wert sein. Vielleicht sollen alle Charakter in dem Bereich gleich gut sein.
Liste splitten: Man verteilt also die Gegenstände auf mehrere Listen und behandelt die danach unabhängig von einander. Das bietet sich, an wenn man mehrere Spielphasen oder Spielkerne hat, also etwa "Kampf" und "Nicht-Kampf".
Listen paaren: Dazu braucht man erstmal mindestens zwei. Man will also z.B. nicht für jeden Gegenstand einen Wert, sondern stellt jeweils zwei Gegenstände gegenüber und macht einen Wert, der in der einen Spielphase so und in der anderen so benutzt wird.
Liste verhüllen: Statt die Gegenstände einer Liste direkt zu Werten zu machen, macht man sich eine neue Liste, deren Einträge kombiniert für die Gegenstände der Ursprungsliste stehen.
Um in unserem Beispiel zu bleiben könnte ich eine neue Liste machen mit Wasser, Feuer, Erde und Luft und es gilt:
Medizin = Wasser + Erde,
Kämpfen = Feuer + Luft
Fallen stellen = Erde + Feuer
Okkultismus = Wasser + Luft.
Dabei sind vier Sachen beachtenswert (in aufsteigender Wichtigkeit):
- Es sollten nicht all zu viele Kombinationen frei bleiben.
- Es ist oftmals ungünstig mehr als zwei Elemente der neuen Liste zu kombinieren.
- Es sollte keine Kombination doppelt benutzt werden.
Und das wichtigste: Nachdem die neue Liste steht, kommt die Urliste in den Müll! Keinesfalls mache man aus der Urliste trotzdem noch Spielwerte.
Komplementäre Liste aufstellen: Das wird von einigen Spielen für ihr Magiesystem verwendet. Typischer Weise nimmt man, wenn man die Handlung kennt, eine weitere Liste für mögliche Zielobjekte hinzu.
Für unser Monsterjägerspiel könnten wir also sagen, dass es Feen, Dämonen und Untote gibt. Und wenn man dann einen Zombiebiss behandelt würfelt man Medizin + Untote, und wenn man eine Fee bekämpft, würfelt man Kämpfen + Feen.
Wichtig ist, dass sich diesmal bitte wirklich alle Elemente aus beiden Listen kombinieren lassen.
Fein... Das waren jetzt ein paar gute, handwerkliche Tricks. Wenn ihr auf eure Liste von Charakterwerten nicht mit dieser Methode kommt, macht ihr entweder Unfug oder betreibt hohe Kunst.
Samstag, Dezember 19, 2009
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